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04.06.2020 | Corporate Governance | Schwerpunkt | Online-Artikel

Nachhaltigkeitsregeln zwingen Finanzbranche zum Handeln

verfasst von: Barbara Bocks

3 Min. Lesedauer

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Banken und Versicherer könnten bei der Aufgabe, die Wirtschaft auf nachhaltigere Beine zu stellen, eine Schlüsselposition einnehmen. Doch hierbei lassen die Unternehmen wichtige Stellschrauben bislang unangetastet. Das wollen neue Regeln ändern.

Das Thema Nachhaltigkeit steht bei der Finanzbranche schon seit Längerem auf der Agenda. Innerhalb des Bankensektors und der Assekuranz existieren bislang allerdings kaum verbindliche Handlungsrichtlinien für Klimaschutz & Co. Nur 23 Prozent der 159 befragten Führungskräfte aus Kreditinstituten aus Deutschland, Österreich und Südtirol haben dies in einer gemeinsamen Studie des Beratungsunternehmens Emotion Banking, des Mindful Finance Institute sowie der Banken- und Versicherungsforen Leipzig angegeben. Unter den befragten Managern von Versicherern lag der Anteil derer, die verbindliche Richtlinien nutzen, bei 42 Prozent.

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Die Nachhaltigkeitstaxonomie der Europäischen Union

Um nachhaltiges Wirtschaften und vor allem dessen Bewertbarkeit und Vergleichbarkeit zu fördern, wird die Europäische Union (EU) mehr Systematik in diesen Bereich bringen und im Hinblick auf Green Financing mehr Standards setzen. Dazu entwirft die EU mit ihrer sogenannten Taxonomie ein umfassendes Regelwerk für klimabezogene, umwelt- und sozialpolitisch nachhaltige Tätigkeiten.

Allerdings verfügen 65 Prozent der Versicherer laut der Studie, die Mitte Mai veröffentlicht wurde, über einen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder eine ähnliche Rolle. Bei den befragten Geldhäusern ist das nur bei 45 Prozent der Fall. Dennoch sind für 73 Prozent der Umfrageteilnehmer regulatorische Auflagen und das Vermeiden von Reputationsrisiken die wichtigsten Motive für nachhaltige Aktivitäten dar, gefolgt von der Übernahme von Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft.

Mehr Transparenz für Unterlagen gefordert

Die europäischen Aufsichtsbehörden für Versicherungen, Banken und die Wertpapieraufsicht haben kürzlich die Offenlegungsstandards für Finanzmarktakteure die so genannte Sustainable Finance Disclosure Regulation, kurz SFDR, zur Konsultation gestellt. Wenn diese so beschlossen wird, wird es Hinweise geben müssen, ob und inwieweit ein Produkt Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, sagt Roland Kölsch, Geschäftsführer der FNG-Tochter zur Qualitätssicherung nachhaltiger Geldanlagen, gegenüber springerprofessional.de.

Produktanbieter müssten in Vorab- und Verkaufsunterlagen und auf der Website darstellen, welche Nachhaltigkeitskriterien erfüllt und welche Ziele angestrebt werden. "Gerade in Sachen Reporting und Kommunikation wird sich also Vieles tun, da die Kreditinstitute und Versicherer dem Kunden nicht nur einmalig, sondern regelmäßig erläutern müssen, wie mit den jeweiligen Produkten eine positive Wirkung zu mehr Nachhaltigkeit erzielt wird", so Kölsch. Insbesondere müsse nachgewiesen werden, dass das Nachhaltigkeitsprodukt keinem der sechs Umwelt-Nachhaltigkeitsziele der EU zuwiderlaufe.

Nachhaltige Entwicklungsziele sind lösungsorientiert

International gelten sehr unterschiedliche Nachhaltigkeitsstandards. "Wir sind freilich große Verfechter der Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen", sagt Frank Ackermann, geschäftsführender Gesellschafter und Mitgründer der Plattform SDG Investments, im Bankmagazin-Gespräch der April-Ausgabe "Wir kombinieren Finanztechnologie und Nachhaltigkeit". 

"Diese 17 Nachhaltigkeitsziele traten 2016 in Kraft", betont Ackermann. In Europa und insbesondere in Deutschland drehe sich die Diskussion aber immer noch hauptsächlich um ESG, also die Punkte Environmental, Social und Governance und insbesondere um Erneuerbare Energien. Doch das greife zu kurz. Die SDGs sind aus seiner Sicht viel breiter aufgestellt, vorwärtsgerichtet und lösungsorientiert im Sinne von "do good", im Gegensatz zu den ESGs, die eher problemorientiert im Sinne von "do no harm" konzipiert sind. 

Kaum Eigenmittel werden nachhaltig angelegt

Generell haben Banken und Versicherer nach Meinung Kölschs auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit einen enormen Hebel, dessen Kraft bislang aber nur zu einem Drittel genutzt wird. So würden sich beide aktuell sehr auf die Produktebene der von Kunden anzulegenden Gelder fokussieren. "Die Eigenanlagen werden nur zaghaft in Richtung Nachhaltigkeit umgestaltet", sagt der Nachhaltigkeitsexperte. Und was seiner Auffassung nach "so gut wie gar nicht angegangen wird", außer bei den reinen Nachhaltigkeitsbanken, ist das Kreditbuch der Bank. Hier verweisen fast alle konventionellen Häuser Kölsch zufolge auf das Bankgeheimnis als Gegenspieler zur unumgänglichen Transparenz, die als Startbedingung jeglicher Nachhaltigkeitsbemühungen gilt.

Bei Versicherern sei dies "eins zu eins übertragbar, was die Eigenanlagen und die Vereinnahmung von Prämien angeht". Nicht überraschend ist aus Kölschs Sicht daher, dass nach den 2006 verabschiedeten "Principles for Responsible Investment", erst 2012 die "Principles for Sustainable Insurance" folgten und erst im Herbst 2019 die "Principles for Responsible Banking" initiiert wurden.

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