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2022 | Buch

Die Gestaltung der Ewigkeit

Die konstitutive Bedeutung von Nichtwissen für den Entsorgungsprozess nuklearen Abfalls

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Über dieses Buch

Wo werden Menschen in 1.000 Jahren sein, wo in 100.000 oder in einer Million Jahre? Fragen, die sonst vorrangig den Ausgangspunkt von Science-Fiction-Literatur bilden, stellen die Gestaltungszeiträume dar, mit denen man sich konfrontiert sieht, wenn das Thema Atommüll diskutiert wird. Bis zu einer Million Jahre soll der Müll sicher von der Umwelt abgeschirmt werden. Im Entsorgungsproblem findet sich das für die Spätmoderne charakteristische Auseinandertreten von Erfahrung und Erwartung wie in kaum einer anderen gesellschaftlichen Herausforderung repräsentiert. Wir haben keine Erfahrungswerte für dieses Unterfangen. Nichtsdestotrotz muss entschieden werden, da auch eine Nicht-Entscheidung nicht von Handlungskonsequenzen entbindet. Die vorliegende Arbeit macht es sich zur Aufgabe zu zeigen, wie nicht nur Entscheidungen trotz Nichtwissens, sondern gerade unter Zugriff auf Nichtwissen ermöglicht werden. Diese wissenssoziologische Betrachtung vollzieht sich anhand des Blicks auf den schwedischen Entsorgungsprozess seit den 1970ern.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Wo werden Menschen in 1.000 Jahren sein, wo in 100.000 oder in einer Million Jahre? Fragen, die sonst vorrangig den Ausgangspunkt von Science-Fiction-Literatur bilden, stellen die Gestaltungszeiträume dar, mit denen man sich konfrontiert sieht, wenn das Thema Atommüll diskutiert wird. Bis zu einer Million Jahre soll der Müll sicher von der Umwelt abgeschirmt werden. Im Entsorgungsproblem findet sich das für die Spätmoderne charakteristische Auseinandertreten von Erfahrung und Erwartung wie in kaum einer anderen gesellschaftlichen Herausforderung repräsentiert. Wir haben keine Erfahrungswerte für dieses Unterfangen. Nichtsdestotrotz muss entschieden werden, da auch eine Nicht-Entscheidung nicht von Handlungskonsequenzen entbindet. Die vorliegende Arbeit macht es sich zur Aufgabe zu zeigen, wie nicht nur Entscheidungen trotz Nichtwissens, sondern gerade unter Zugriff auf Nichtwissen ermöglicht werden. Diese wissenssoziologische Betrachtung vollzieht sich anhand des Blicks auf den schwedischen Entsorgungsprozess seit den 1970ern.
Nele Wulf
Kapitel 2. Theoretische Prämissen
Zusammenfassung
Das Bewusstwerden der Kontingenz wissenschaftlichen Wissens, besonders vor dem Hintergrund komplexer und weit in die Zukunft reichender Problemstellungen, schlägt sich in den letzten 30 Jahren in einer verstärkten Hinwendung der Soziologie zu Theorien des Nichtwissens nieder. Das klassische Wissenschaftsverständnis, das Nichtwissen als Noch-Nicht-Wissen begreift, welches sich durch ausreichende Forschung auflösen lasse, bricht auf. Die sozialen Konstruktions-, Definitions- und Anerkennungsprozesse von dem, was gar nicht oder nicht abschließend gewusst werden kann, sowie dessen politische Dimensionen geraten verstärkt in den Blick.
Nele Wulf
Kapitel 3. Methodisches Vorgehen/Empirischer Zugang
Zusammenfassung
Um „den Entstehungs-, Kommunikations- und Verarbeitungsprozess von Nichtwissen“ (Bogner 2005: 72) zu analysieren, bedarf es passender Methoden, die diesen rekonstruieren können. Dies ist besonders deshalb eine Herausforderung, da Nichtwissen, im Sinne des hier verwendeten Verständnisses, auch im Englischen oder Schwedischen kein alltagssprachlich präsentes Konzept darstellt. Die Auseinandersetzung mit Nichtwissen und dessen Bedeutung für die Entsorgung muss daher analytisch rekonstruiert werden, ohne dass direkt danach gefragt werden kann.
Nele Wulf
Kapitel 4. Die schwedische Entsorgungsgeschichte und ihre Akteure
Zusammenfassung
Im Folgenden skizziere ich kurz die Geschichte der schwedischen Entsorgung seit den 1970er-Jahren. Detaildarstellungen zu einzelnen Aspekten finden sich besonders in Abschnitt 5.1 und Kapitel 6. Ergänzt wird die hier dargestellte Entsorgungsgeschichte durch Kurzportraits der zentralen Akteure des Feldes.
Nele Wulf
Kapitel 5. Analyseteil I: Der Zugriff auf Nichtwissen
Zusammenfassung
Im vorliegenden Kapitel werden die Prozesse und Bedingungen des Zugriffs auf Nichtwissen beschrieben und analytisch dargestellt. Dies geschieht auf der Grundlage der theoretischen Überlegungen aus Kapitel 2 und dem dort entwickelte Analysevokabular. Als Leitschnur dient die analytische Differenzierung in Konstruktionsbedingungen von Nichtwissen, die Bewertung von Nichtwissen sowie der Umgang mit Nichtwissen. Alle empirischen Beispiele könnten in ähnlicher Form auch für den jeweils anderen Abschnitt analytisch fruchtbar gemacht werden, da die Aufteilung als idealtypisch zu verstehen ist.
Nele Wulf
Kapitel 6. Analyseteil II: Zugriff auf Nichtwissen im bedeutendsten Nichtwissenskonflikt
Zusammenfassung
Obschon der schwedische Umgang mit der Entsorgung radioaktiven Abfalls gerade von ausländischen Beobachtern allzu oft als beispielhaft bezeichnet wird, verlief und verläuft er alles andere konfliktfrei. Ein Konflikt, der den Problembearbeitungsprozess entscheidend zu bestimmen vermochte, ist die Kupferkorrosions-Kontroverse (in der gängigen Literatur zumeist als Copper Corrosion Controversy bezeichnet und im Folgenden mit CCC abgekürzt). An ihr wird exemplarisch deutlich, dass gerade bei komplexen Problemlagen das Nichtwissen in seiner Bedeutung oftmals dem Wissen überlegen ist.
Nele Wulf
Kapitel 7. Schlussbemerkungen
Zusammenfassung
Djahane Salehabadi verweist mit dem Begriff „Unmaking Technology“ auf einen unterbelichteten Teil des technischen Lebenszyklus: Nach dem auch in der STS-Forschung ausführlich betrachteten Genese- und Nutzungsprozess des making kommt das unmaking oder ,Entschaffen‘. Die vorliegende Arbeit widmet sich einem solchen Prozess des unmaking unter besonderen Bedingungen. Der schwedische Atommüll soll unterirdisch in mehreren hundert Meter Tiefe für bis zu einer Million Jahre sicher von der Umwelt abgeschirmt werden, ohne die explizit eingeplante Option, ihn wieder hervorzuholen.
Nele Wulf
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Gestaltung der Ewigkeit
verfasst von
Nele Wulf
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-40026-2
Print ISBN
978-3-658-40025-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40026-2

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