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30.06.2017 | Finanzbranche | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wenn die Kür zur Pflicht wird

verfasst von: Eva-Susanne Krah, Anja Kühner

4 Min. Lesedauer

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Die Auflage, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, trifft seit 2017 auch viele Banken und Sparkassen. Während einige Häuser gerade ihre erste Mitteilung vorbereiten, haben andere bereits Erfahrungen gesammelt.

Die Berichtspflicht, die ab 500 Beschäftigten gilt und Maßnahmen sowie Details zur Corporate Social Responsability (CSR) eines Unternehmens oder einer Institution nachweist, greift für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2016 beginnen. Neben den Großbanken müssen dann auch gut 150 Sparkassen und rund 70 Genossenschaftsbanken einen Bericht über ihre Verantwortung als Unternehmen vorlegen. 

Private Banken bekennen sich immer stärker zum Thema Nachhaltigkeit, wie der Springer-Autor Steffen Pörner beobachtet. CSR als Einflussfaktor in Geschäftsprozessen und -modellen sei inzwischen weit fortgeschritten. "Nachhaltigkeitskriterien bestimmen die Unternehmenskultur, Kundenbeziehungen und die Risikobetrachtung von Finanzierungen in privaten Banken", so Pörner im Buch "CSR in Nordrhein-Westfalen." Unter anderem erhöhte Regulierungsvorgaben und Compliance-Anforderungen hätten diese Entwicklung vorangetrieben. Nachhaltigkeit wird darüber hinaus zum Wirtschaftsfaktor. Alle "verantwortlichen Anlagestrategien" in Europa verzeichneten zwischen 2011 und 2013 zweistellige Wachstumsraten. Das ergab die "SRI Study 2014" des European Forum for Sustainable Investment (Eurosif), wie Bankmagazin-Chefredakteurin Stefanie Hüthig in der Ausgabe 2/3-2015 der Springer-Zeitschrift schreibt.

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In das Nachhaltigkeitsreporting bei Kreditinstituten spielen viele Aspekte und Kennzahlen hinein. Dazu zählen beispielsweise 

  • besonderes Engagement für eine Städte-Region, in der ein Institut angesiedelt ist, 
  • Aktivitäten im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit, wie etwa bei der Sparkasse Aachen, sowie
  • Maßnahmen zur Barrierefreiheit, wie bei der Sparda-Bank West. 
  • Im Produktbereich spielen zum Beispiel Angaben wie die Aufschlüsselung nach Darlehen für Umweltschutz, Energie- und Ressourceneffizienz für erneuerbare Energien oder für soziale Einsatzzwecke im Bereich Förderkredite eine Rolle.

Je nach Ausrichtung eines Unternehmens oder einer Bank stehen unterschiedliche Zielgruppen im Fokus der Berichterstattung zur Nachhaltigkeit: Landesförderinstitute wie die NRW Bank, die Green Bonds herausgibt, haben dabei Investoren im Blick. Flächeninstitute legen den Schwerpunkt ihrer Nachhaltigkeitsreports auf die Region, in der sie verankert sind. Zielgruppe sind die lokale und regionale Öffentlichkeit, aber auch eigene Kunden oder Unternehmen, mit denen Geschäftspartnerschaften bestehen. Genossenschaftliche Institute haben ihre Mitglieder im Blick, Sparkassen die Träger. 

Glaubwürdigkeit wird gestärkt

Unternehmen und Institutionen untermauern durch Nachhaltigkeitsreports nicht zuletzt ihre Glaubwürdigkeit mit der CSR-Darstellung gegenüber Investoren. Für sie wird der Faktor Nachhaltigkeit immer wichtiger in der unternehmerischen Marktbetrachtung. Prof. René Schmidpeter vom Dr. Jürgen Meyer Stiftungslehrstuhl für internationale Wirtschaftsethik und CSR an der Cologne Business School (CBS) weiß, dass CSR- und Nachhaltigkeitsstrategien, die Geschäftsmodelle und finanzielle Aspekte der Unternehmen positiv verbinden, für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung stehen. Laut einer Studie von Ernst & Young (EY) veröffentlichen bereits 70 Prozent der Dax-Unternehmen, 44 Prozent der M-Dax-Unternehmen und 24 Prozent der S-Dax-Unternehmen eigene Nachhaltigkeitsberichte.

Zeitfaktor beachten und Daten unterjährig sammeln

Viele Finanzhäuser sammeln für den Bericht über das Geschäftsjahr hinweg Daten, die in das Reporting einfließen können. Dabei richten sich einige Institute nach einer Nachhaltigkeitsmatrix. Die Kreissparkasse Heinsberg hat als eines der Pilotinstitute gemeinsam mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) beispielsweise den "Bericht an die Gesellschaft" erarbeitet, wie es im Bankmagazin-Beitrag "Bald wird die Kür zur Pflicht" heißt (Ausgabe $/2017, Seite 30). Der Verband hatte zudem bereits vor fünf Jahren ein 61 Indikatoren umfassendes System für das Berichtswesen zur Nachhaltigkeit ausgearbeitet.  

Auch die Volksbank Stuttgart trifft als eines der fünf größten genossenschaftlichen Finanzinstitute die Berichtspflicht. So lange wollten die Schwaben aber nicht warten und haben bereits im vergangenen Jahr ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht für 2015 veröffentlicht. Das Institut wollte das Erstlingswerk frühzeitig als Test auflegen, "um Erfahrungen mit dem obligatorisch werdenden Bericht zu sammeln", wie Matthias Layher, Bereichsleiter Vertriebsmanagement und Pressesprecher der Bank, sagt. In dieser Funktion ist er auch für das Erstellen der Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte verantwortlich. "Das hat sich auch als richtig herausgestellt, da wir von diesen Ersterfahrungen beim Nachhaltigkeitsbericht 2016 profitieren, was die unterjährige Datensammlung und die interdisziplinären Beiträge angeht. Letztendlich unterliegen alle Neuerungen einer Lernkurve." Da die Genossenschaftsbank schon seit Jahren einen Sozialbericht auflegt, war der Übergang zum Nachhaltigkeitsbericht weder für die Bank selbst noch für ihre Kunden "revolutionär". Laut Layher wurde der gesteigerte Umfang des Berichts zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht hinterfragt.

Ein leidiger Aspekt kam für das Geldinstitut im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung allerdings völlig überraschend: "Die vielen Anfragen von Kommunikationsagenturen und Beratern, welche die Berichtserstellung als neue Geldquelle betrachten, waren einigermaßen lästig", erinnert sich Layher.

Kompakt
  • Neben den Großbanken unterliegen seit dem Geschäftsjahr 2016 mehr als 150 Sparkassen und rund 70 Genossenschaftsbanken der Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit.
  • Zielgruppen sind Kunden, Investoren, die lokale und regionale Öffentlichkeit ebenso wie die eigenen Mitarbeiter und weitere Stakeholder.
  • Zeit- und Personalaufwand werden unterschätzt.
  • Viele Daten liegen zwar im Unternehmen vor, aber nicht in der benötigten Form.
Quelle: Bankmagazin-Ausgabe 4/2017, S. 31

Daniela Gramlich von der Nassauischen Sparkasse in Wiesbaden rät Instituten dazu, möglichst frühzeitig mit der Vorbereitung des CSR-Berichts anzufangen. Denn: "Wer noch keine Erfahrung hat, unterschätzt den Aufwand an Zeit und personellen Ressourcen."

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