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2016 | Buch

Forschung für Nachhaltigkeit an deutschen Hochschulen

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Über dieses Buch

Nachhaltigkeitsforschung hat in Deutschland eine lange Tradition und einen hohen Stellenwert. Dieses Buch diskutiert die Theorie und Praxis der Nachhaltigkeitsforschung, wobei die interdisziplinäre und vor allem bereichsübergreifende Forschung im Vordergrund steht. Es bietet ein Plattform, den neuesten Stand der Forschung sowie zukünftige Trends zu präsentieren. Die Autoren vermitteln Informationen und Erfahrungen über Forschungsprojekte im Bereich Nachhaltigkeit in Deutschland und stellen ausgewählte Forschungsansätze dar.

Zum Themenspektrum gehören Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) , nachhaltiges Management, Forschung für Nachhaltigkeit im Verbund, kommunale Anpassung an die Folgen des Klimawandels als Teil der nachhaltigen Entwicklung, Analyse regionaler Nachhaltigkeitsindikatoren, nachhaltiger Konsum, die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit in der Entwicklung und Vermarktung von Konsumgütern und Projektentwicklung in der Nachhaltigkeitsforschung.

Das Buch fördert den Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen Forschern und Wissenschaftlern aus Hochschulen, Forschungszentren, Firmen und sonstigen Einrichtungen, und ermögliche die Vorstellung von Projekten und Projektergebnissen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Institutionelle Prozesse und Modelle

Frontmatter
1. Nachhaltige Entwicklung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg: Das FTZ-ALS und das „Nachhaltigkeitslab“
Zusammenfassung
Die Diskussionen über nachhaltige Entwicklung sind nicht ganz neu. Gegenwärtig gibt es eine Unmenge an Texten, Erklärungen und Entschlüssen, die den Weg für ihre zukünftige Förderung ebnen sollen. Der Erfolg ist jedoch begrenzt. Deshalb ist die Zeit jetzt reif, um neue Ansätze, Methoden und Mittel zur Unterstützung des Anliegens der Nachhaltigkeit im Kontext der Hochschulbildung zu entwickeln, ohne sich in begriffliche Diskussionen zu verwickeln. In dieser Arbeit werden deshalb die Erfahrungen des Forschungs- und Transferzentrums „Applications of Life Sciences“ an der HAW Hamburg vorgestellt. Sie entsprechen dem Prinzip der „angewandten nachhaltigen Entwicklung“, einem handlungsorientierten und praxisbasierten Ansatz, in dem Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung in der Praxis angewandt werden und zu konkreten Erträgen und greifbaren Ergebnissen führen. Sie stellt auch Beispiele eines Sets von Projekten rund um Angelegenheiten in Verbindung mit nachhaltiger Entwicklung vor, die veranschaulichen, wie viel Institutionen der Hochschulbildung erreichen können, indem sie Initiativen zur angewandten nachhaltigen Entwicklung nachgehen. Zuletzt wird das Konzept des „Nachhaltigkeitslabs“ vorgestellt.
Walter Leal Filho
2. Transdisziplinäre Bildungsforschung für nachhaltige Entwicklung
Zusammenfassung
Der Beitrag beleuchtet und verbindet zwei bislang nur wenig verbundene Stränge der Forschung für Nachhaltigkeit an deutschen Hochschulen: transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung und Bildung(sforschung) für nachhaltige Entwicklung. Im Bereich der Nachhaltigkeitswissenschaften hat sich neben mono-, multi- und interdisziplinären Zugängen in den vergangenen Jahren ein transdisziplinärer Forschungsmodus etabliert. Für diesen ist charakteristisch, dass der Forschungsprozess nicht allein von Akteur_innen aus dem Wissenschaftssystem gestaltet wird, sondern den Einbezug von nicht-wissenschaftlichen Akteur_innen über verschiedene Phasen des Prozesses hinweg erfordert: von der Konstituierung eines Forschungsgegenstands über den Prozess der Wissensgenerierung bis hin zur (Re-)Integration und Inwertsetzung des generierten Wissens. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) stellt ein Bildungskonzept für das 21. Jahrhundert dar. Ziel ist es, Bildungssysteme unter dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung neu auszurichten. BNE rückt von der Konzentration auf Bedrohungsszenarien, Wissensvermittlung und Verhaltensänderung ab. Sie zielt darauf ab, das Potential von Bildung für die Mitgestaltung offener Zukünfte zu erschließen. Der Beitrag zeigt anhand dreier exemplarischer Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus dem Arbeitskontext des UNESCO Chair Hochschulbildung für nachhaltige Entwicklung an der Fakultät Nachhaltigkeit der Leuphana Universität Lüneburg verschiedene Zugänge und Arbeitsweisen einer transdisziplinär ausgerichteten Bildungsforschung für nachhaltige Entwicklung auf und diskutiert diese in Bezug auf ihren Mehrwert gegenüber klassischen Forschungszugängen.
Daniel Fischer, Heiko Grunenberg, Clemens Mader, Gerd Michelsen
3. nCampus – Nachhaltige und energieeffiziente Weiterentwicklung auf dem Campus Lichtwiese der Technischen Universität Darmstadt
Zusammenfassung
Die Technische Universität (TU) Darmstadt will ihren eigenen Campus konsequent unter Nachhaltigkeits- und Energieeffizienzgesichtspunkten weiter entwickeln. Neben einer breit aufgestellten Forschung zu diesen Themenfeldern ist insbesondere der Transfer der gewonnenen Ergebnisse in die Universität, d. h. die beispielhafte Umsetzung der Forschungsergebnisse auf dem Campus Lichtwiese, eine der maßgeblichen Herausforderungen.
In diesen Prozess sollen sämtliche Statusgruppen einer Universität eingebunden werden – Wissenschaftler_innen genauso wie administrativ-technische Mitarbeiter_innen und Studierende. Ziel ist es, das Profil der Universität in den Bereichen Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie weiter zu stärken und dies sowohl in Forschung und Lehre als auch auf allen anderen Ebenen des Handelns zu verankern.
Zu diesem Zweck hat die TU Darmstadt Ende 2013 das universitätsinterne Projekt „nCampus“(„Nachhaltiger und energieeffizienter Campus“) ins Leben gerufen. Das Projekt bildet eine Klammer für alle Vorhaben in Forschung, Lehre und Betrieb zu den Themenfeldern Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme bereits vorhandener Aktivitäten entsteht ein Maßnahmenkatalog für eine konsequent nachhaltige Universität.
Hierzu sind die Ziele des Projekts, die Struktur des Vorhabens sowie dessen aktueller Arbeitsstand im Folgenden wiedergegeben.
Caroline Fafflok, Johanna Henrich, Nicolas Repp
4. Forschung für Nachhaltigkeit im Verbund – dargestellt am Beispiel: Deutsches Netzwerk Industrial Ecology
Zusammenfassung
Dieser Beitrag zielt auf die Forschung für Nachhaltigkeit im Verbund verschiedener akademischer Akteure, als Ergänzung zu Forschungsaktivitäten innerhalb einer Institution. Als praxisnahes und aktuelles Beispiel wird hier das Deutsche Netzwerk Industrial Ecology herangezogen und anhand seiner Besonderheiten in der Forschung für Nachhaltigkeit näher beleuchtet. Das Deutsche Netzwerk Industrial Ecology ist ein Gemeinschaftsvorhaben, initiiert von der Universität Bremen und der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung (VÖW), Berlin, mit Unterstützung der Hochschule München. Mehr als 20 führende Akteure zur Industrial Ecology in Deutschland sind als Forschungsinstitutionen eingebunden. Den gemeinsamen thematischen Kern bildet das einzelne Disziplinen verbindende Forschungs- und Handlungsfeld der Industrial Ecology. Gerade der Disziplinen übergreifende und verbindende Charakter der Industrial Ecology hat die Netzwerkbildung forschungsaktiver Hochschulen in einem Akteursverbund und einer einzelne Hochschulen verbindenden Weise begünstigt. Die thematischen Schwerpunkte im Netzwerk konzentrieren sich auf die Bereiche: Wissenschaft und Forschung, Management und Transfer in die Praxis, Lehre und Bildung sowie industrielle Anwendungen, von der Produktentwicklung und Prozessgestaltung über betriebliche und überbetriebliche Aspekten wie z. B. lokale Kreislaufwirtschaft, regionales Stoffstrommanagement, Industriesymbiosen, bis hin zu branchenbezogenen, nationalen und internationalen Themen des Metabolismus und der Mensch-Natur-Beziehungen, so wie sie für die Industrial Ecology charakteristisch sind. Diese hohe Anschlussfähigkeit begünstigt den Zusammenschluss in einem hochschulübergreifenden, einzelne Akteure und Institutionen verbindenden Verbund.
Ralf Isenmann, Till Zimmermann, Stefan Gößling-Reisemann

Ansätze in der Lehre und in der Forschung

Frontmatter
5. Das Selbst in der Ökologie: Dialoginterviews und Programmanalyse zur nachhaltigkeitsorientierten (Selbst-) Transformation in Organisationen
Zusammenfassung
„Wir ahmen unsere Umwelt nach. Wenn unsere Umwelt tot ist, sterben wir auch.“ (Lair & Lechler, 1985, 202).
Diese Metapher aus einer eindrücklichen Beschreibung einer Therapiegeschichte steht dafür, dass wir den Fluss des Lebens in uns töten. Mit allem, was wir bauen, entziehen wir uns selbst die Lebensgrundlage und wir verlieren unsere Natürlichkeit. In der Diskussion über Naturverständnisse in der Nachhaltigkeitsdebatte wird deutlich, dass einerseits das Thema Natur als Kommunikationsinhalt in dem Maße zunimmt, wie der Bezug zur Natur abnimmt, und dass andererseits auch der Bezug zur eigenen Natur verloren gegangen ist. Im Beitrag findet daher eine Verhältnisbestimmung der Ökologie als Wissenschaft und der Nachhaltigkeitsforschung in Bezug auf die normative Zielsetzung einer nachhaltigen Entwicklung statt. Insbesondere wird mit Blick auf die Umsetzung des Leitbildes für nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung eine kritische Perspektive auf die Dominanz des Themas Umwelt und der kognitiven Wissensorientierung eingenommen. Entsprechend der formulierten Kritik wird die Dimension des Selbst als notwendige Ergänzung des Nachhaltigkeitsdreiecks für eine ökologische Transformation eingeführt. Anhand des Projektes „Belastbarkeit und Achtsamkeit im Unternehmensalltag“ werden mögliche Transformationsstrategien von Organisationen mithilfe von Dialoginterviews expliziert. Diese Strategien werden in einer Roadmap für eine ökologische Transformation zusammengefasst. In Form eines Mix-Mode-Ansatzes wird darüber hinaus mittels einer Programmanalyse untersucht, inwiefern sich Bildungsangebote für Organisationen mit den Aspekten dieser Roadmap decken oder unterscheiden. Im Ergebnis wird die Annahme formuliert, dass Bildungsangebote für Unternehmen zum einen ohne das Thema „Umwelt“ und zum anderen ohne das Thema des „Selbst“ der Organisationsmitglieder auskommen.
Thomas Prescher
6. Nachhaltiges Management: Systemisch(er) Forschen und Lehren für eine gelebte Transdisziplinarität
Zusammenfassung
Das Anliegen des Herausgebers dieses Buches war der Anlass, um eine reflexive Selbstverortung im systemischen Forschungsprozess für ein nachhaltigeres Management vorzunehmen. Ausgangspunkt dieser Selbstverortung ist die Beobachtung in letzter Zeit, dass Nachhaltigkeit sich nicht einmal über die vorauseilende Codierung des Problems in der Kosten- und Ertragssprache von Unternehmen als anschlussfähig erweist. Die rein rhetorischen Antworten der Unternehmen lassen sich als den (verständlichen) Versuch deuten, die Ansprüche für eine nachhaltigere Wirtschaftsweise an der Oberfläche verbal abzufangen, um die Kernprozesse der Wertschöpfung vor Irritationen zu schützen.
Die eigenen Forschungsarbeiten der letzten Jahre zeigen, dass die Anforderungen einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise die Dilemmata deutlicher werden lassen, die im erwerbswirtschaftlichen Prinzip angelegt sind: Legale Externalitäten fördern nun einmal den Gewinn, auf den immer mehr Druck ausgeübt wird, wodurch wiederum neue Externalitäten entstehen. Wie kann man dieses Spannungsfeld sichtbar machen, in seiner Essenz transdisziplinär erforschen und Führungskräften und Studierenden konstruktive Bewältigungsformen vermitteln? Dieser Beitrag zeigt auf, dass die Methode der Systemaufstellung eine Lösung für alle drei Fragen zugleich ist. Die in einer Systemaufstellung verwendete Raumsprache ist anschlussfähig an die qualitative Sozialforschung, produziert komplexe, transdisziplinäre Hypothesen im Entdeckungszusammenhang über ein innovatives nachhaltiges Management und vermittelt Systemkompetenz an Führungskräfte und Studierende. Transdisziplinäre Forschung für eine nachhaltigere Entwicklung gewinnt damit ein ganz neues und sehr viel effektiveres Design.
Georg Müller-Christ
7. Der Göttinger Ansatz der Nachhaltigkeitswissenschaft: Potentiale von Hochschulen in der Nachhaltigkeitstransformation der Gesellschaft
Zusammenfassung
Im vorliegenden Beitrag wird die Arbeit des Interdisziplinären Zentrums für Nachhaltige Entwicklung der Universität Göttingen (IZNE) vorgestellt. Sie folgt dem seit dem Jahr 2000 entwickelten und erfolgreich angewandten „Göttinger Ansatz der Nachhaltigkeitswissenschaft“. Zunächst wird ausgeführt, welche Herausforderungen Nachhaltige Entwicklung an Hochschulen stellt. Danach werden mögliche Ursachengruppen für die gegenwärtigen globalen Probleme skizziert, welche der Autor als maßgeblich für die Entstehung der aktuellen sozialen, ökologischen und ökonomischen Probleme ansieht. Anschließend wird der Zielkorridor der zu wünschenden Entwicklung anhand von sechs Nachhaltigkeitsprinzipien festgesteckt, welche am IZNE im Konsens entwickelt worden sind. Aus dem Aufruf zu einer „Sustainability Science“ wird der „Göttinger Ansatz der Nachhaltigkeitswissenschaft“ abgeleitet, welcher inter- und transdisziplinär vernetzten Wissenschaftler_innen eine aktive Rolle bei der Nachhaltigkeitstransformation der Gesellschaft zuschreibt: Der Ansatz umfasst eine Problembestimmung und die Bildung von Visionen, die Sicherung politischer Unterstützung, die Gewinnung von Praxispartner_innen, die Umsetzung eines Pilotprojektes sowie den Transfer in die Fläche eines Landes sowie klassische wissenschaftliche Analysen der angestoßenen Veränderungen. Im folgenden Abschnitt wird die Umsetzung des Ansatzes am Beispiel des Aktionsforschungsprojekts „Bioenergiedorf Jühnde“ vorgestellt, bei dem 200–2005 die Wärme- und Stromversorgung eines Dorfes auf regional verfügbare nachwachsende Energieressourcen umgestellt wurde. Das Vorgehen wird skizziert und einige der wissenschaftlichen Befunde werden vorgestellt. Der Transfer der Idee in die Breite Deutschlands führte bis heute zu 113 Kommunen, welche dem Modell gefolgt sind. Abschließend werden Potentiale der Universitäten für die Nachhaltigkeitstransformation abgewägt und ein Indikatorensystem für Nachhaltigkeit an Hochschulen als Möglichkeit der Forcierung des Umbaus der Universitäten vorgeschlagen.
Peter Schmuck
8. Nachhaltigkeitstransformation als Herausforderung für Hochschulen – Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde auf dem Weg zu transdisziplinärer Lehre und Forschung
Zusammenfassung
Entlang dreier Thesen entwickelt der Beitrag Ansatzpunkte für eine Nachhaltigkeitstransformation von Hochschulen. Als eine Leerstelle im Diskurs zu nachhaltiger Wissenschaft werden Konzepte und Angebote zur Lehre für Nachhaltigkeit ausgemacht. Wichtige Impulse können von einer Öffnung der Hochschulen gegenüber der Gesellschaft ausgehen. Diesbezüglich werden Fachhochschulen in einer guten Position gesehen aufgrund ihrer stärkeren regionalen und Praxisorientierung. Wie solche Impulse aufgegriffen und im Hochschulkontext umgesetzt und weiterentwickelt werden können, wird am Beispiel der Hochschule für nachhaltige Entwicklung dargestellt.
Ideen, wie eine Lehre für nachhaltige Entwicklung aussehen könnte, werden am Beispiel des dort etablierten Studiengangs Strategisches Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt. Praxisnetzwerke für die Lehre und kompetenzorientierte Lehr-Lern-Konzepte geben Studierenden eine andere Position im Lernprozess – und stärken deren Potenzial als Aktivposten für eine Nachhaltigkeitstransformation. Daraus können wiederum Impulse für die Nachhaltigkeitsforschung an der Hochschule hervorgehen.
Benjamin Nölting, Jens Pape, Britta Kunze
9. Die epistemische Bedeutung von Abfall im Designprozess
Zusammenfassung
Müll ist ein strukturelles Symptom unserer Lebensweise. In der Gesamtheit hat sich das daraus entstandene Missverhältnis zwischen ‚natürlich‘ und ‚artifiziell‘ in Form ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Globalprobleme geäußert. Im Kontext der Nachhaltigkeitsforschung an deutschen Hochschulen beschäftigt sich dieser Artikel mit der Rolle von Designer_innen und ihrer Ausbildung (Designdidaktik) innerhalb der Abfallproblematik. Denn die grundlegende Voraussetzung zum kontinuierlichen Wegwerfen ist die kontinuierliche Erzeugung von Artefakten. Diese Arbeit legt dar, in welcher Form das Phänomen Müll im Rahmen eines ‚Nachhaltigen Designs‘ in der Ausbildung von Designer_innen Beachtung finden kann und wie eine ‚Epistemologie des Mülls‘ für Lehrzwecke anwendbar ist. Dazu wurde ein theoretisches Modell der Design- und Gebrauchsphasen von Artefakten entwickelt, welches das Wegwerfen (‚Rituale des Verschwindens‘) in die Systematik des Designprozesses (‚Rituale des Erscheinens‘) einbezieht. Innerhalb dieses Modells lässt sich das Wegwerfen als eine zweistufige Kulturtechnik definieren. Ihre erste Stufe – die ‚Entledigung‘ – ist, in Bezug auf den Lebenszyklus eines Objekts, der Gebrauchsphase zu zuordnen. Bevor als zweite Stufe die tatsächliche ‚Entsorgung‘ (Beseitigung oder Verwertung) des Objekts vollzogen wird, lassen sich gestalterische Werkzeuge (Designmethoden) mit und durch den Abfall anwenden. Ziel des Artikels ist es diese spezifischen Methoden für die Ausbildung von Gestalter_innen an Designhochschulen vorzustellen und deren Nutzen im Rahmen einer ‚Nachhaltigen Entwicklung‘ auszuloten.
Susanne Hausstein
10. Die Forschung selbst nachhaltig gestalten
Zusammenfassung
Neben der Forschung für Nachhaltigkeit rückt verstärkt auch die Forschungsinfrastruktur hinsichtlich ihrer nachhaltigen Ausrichtung in den Fokus. Dies betrifft nicht nur den Betrieb einer Forschungsstätte sondern umfasst bereits vorgelagerte Prozesse wie die Planung und das Errichten. Hochschulen und Forschungseinrichtungen setzen diese Fragestellung auf vielfältige Art um. Drei Ebenen lassen sich erkennen: Die individuelle Ebene zeigt, wie einzelne Einrichtungen auf die Herausforderung reagieren. Hier ist ein ganzer Strauß unterschiedlicher Herangehensweisen zu beobachten. Nachhaltigkeitskonzepte für die ganze Hochschule, Klimaneutralität mit Auswirkungen über die Hochschulgrenzen hinaus, projektbezogene, konkrete Aktivitäten, Wettbewerbe und andere Ansatzpunkte zeigen die Vielfalt der Möglichkeiten. In einer zweiten Ebene wird der Multiplikatoreffekt angesprochen. Hier finden wir Veranstaltungen oder einrichtungsübergreifende Projektarbeiten. Die Protagonisten verschiedener Häuser finden sich themenspezifisch zusammen, um positive Entwicklungen schneller zu verbreiten. Die dritte Ebene umfasst die Netzwerke, in denen eine Verstetigung der gemeinsamen Entwicklungen oder eine Adaption von Vorhandenem auf weitere Einrichtungen erfolgen kann. Der vorliegende Artikel möchte durch beispielhafte Darstellung verschiedener Aktivitäten die Vielfalt infrastruktureller Ansätze beleuchten und motivieren, sowohl selbst aktiv zu werden als auch eigene Errungenschaften zu teilen.
Jörg Romanski

Erfahrungen aus Projekten

Frontmatter
11. Schüleruni: Geschäftsprozesse nachhaltig gestalten
Zusammenfassung
Die Abteilung „Informationssysteme und Unternehmensmodellierung“ (ISUM) der Universität Hildesheim nimmt sich in Forschungsprojekten und Lehrveranstaltungen dem Thema der Nachhaltigkeit an. Neben Schwerpunkten in universitärer Lehre und Forschung, ist vor allem das durch die Robert-Bosch Stiftung geförderte Projekt „Schüleruni: Geschäftsprozesse nachhaltig gestalten“ zu nennen. In diesem Projekt werden, in Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern, Konzepte und Verfahren betrachtet, mit denen Nachhaltigkeit in Geschäftsprozessen integriert werden kann. Darauf aufbauend werden Verbesserungspotenziale identifiziert und sowohl in bestehende als auch neue Prozesse umgesetzt. Hierfür wird den Schülerinnen und Schülern in der ersten Phase eine Modellierungssprache, im konkreten Fall die ereignisgesteuerten Prozesskette, vermittelt. In einer zweiten Phase wird die erlernte Modellierungssprache erweitert, um Nachhaltigkeitsaspekte explizit darstellen zu können. Diese Weiterentwicklung wird anschließend von den Schülerinnen und Schülern, mit der Hilfe weiterer Schülerinnen und Schülern, evaluiert.
Dennis Behrens, Ralf Knackstedt, Erik Kolek, Thorsten Schoormann
12. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in den Kindergärten (Kitas) von Baden-Württemberg
Zusammenfassung
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) soll mit der Agenda 21 in allen Bildungsinstitutionen verankert werden, so auch in Kindergärten. Schwerpunkt des Forschungsprojektes ist es, durch qualitative und quantitative Erhebungsmethoden den Status quo und den Stellenwert von BNE in den Kindergärten (Kitas) von Baden-Württemberg zu ermitteln. Das vorliegende Projekt wird durch den Naturschutzfonds Stuttgart unterstützt, gefördert aus zweckgebundenen Erträgen der Glücksspirale.
In dem zweiteiligen Forschungsprojekt werden zunächst BNE-Potentiale auf der Basis des Drei-Säulenmodells (Ökologie, Ökonomie und Soziales) erhoben. Dies geschieht mittels Fragebögen, die an Kita-Leitungen (N = 5000) in Baden-Württemberg verschickt wurden. Die Analysen institutioneller und struktureller Bedingungen, Vergleiche der Träger, sowie personeller und organisatorischer Bedingungen liefern Auskünfte über die Gestaltungsspielräume von BNE in den Kitas. Über einen weiteren Fragebogen an die Erzieher_innen werden deren Vorstellungen und Konzepte für BNE hinsichtlich Thematik/ Methodik und ihre Ziele für BNE untersucht. Im Fokus stehen die Erfassung erfolgreicher Vermittlungskonzepte, die Zusammenarbeit innerhalb der Kindergärten mit Kooperationspartnern, Netzwerken und Eltern sowie der Ausbildungs- und Weiterbildungsbedarf der Erzieher_innen.
Effektive BNE-Strategien stellen schließlich die Grundlagen dar, mit denen Konzeptionen zu BNE-Fortbildungen entwickelt werden, welche in die Aus- und Weiterbildung von Erzieher_innen in Baden-Württemberg eingebracht werden. Dies geschieht über Gestaltungsempfehlungen an das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und über Empfehlungen bei der Fortschreibung der Orientierungs- und Rahmenpläne (Stichwort „Dekade 2015+“).
Jeanette Maria Alisch
13. Kommunale Anpassung an die Folgen des Klimawandels als Komponente einer Nachhaltigen Entwicklung
Zusammenfassung
Der Klimawandel wird in den kommenden Jahrzehnten das kommunale Handeln und die nachhaltige Entwicklung in den Regionen wesentlich beeinflussen. Die Auswirkungen steigender Temperaturen, veränderter Niederschläge oder der möglichen Zunahme von Extremwetterereignissen wie Starkregen und Hitze sind bereits heute auf der kommunalen Ebene beispielsweise bei der Regional- und Stadtplanung, beim Ausbau und Schutz der Infrastrukturen und bei der Umweltbildung zu berücksichtigen. Dabei kommt es darauf an, möglichst viele Akteure bei der Entwicklung einer Strategie und bei der Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen zu beteiligen. Der Beitrag fasst zum einen methodische Ansätze zur Erstellung einer solchen kommunalen Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels unter besonderer Berücksichtigung der Partizipation und der Vulnerabilitätsbewertung zusammen. Zum anderen werden die Ergebnisse von zwei Pilotprojekten im Landkreis Mansfeld-Südharz und der Stadt Sangerhausen vorgestellt. Beide Projekte verdeutlichen, dass Klimaanpassung als wichtiger Baustein einer nachhaltigen Regionalentwicklung zu betrachten ist.
Andrea Heilmann, Hardy Pundt
14. Analyse regionaler Nachhaltigkeitsindikatoren am Beispiel der Modellregion Einheitsgemeinde Stadt Osterwieck im Landkreis Harz
Zusammenfassung
Der Landkreis Harz beteiligte sich im Jahr 2012/2013 mit dem Projekt „Vision 20plus“ an der Fördermaßnahme ZukunftsWerkStadt (ZWS). Dabei wurden gemeinsam mit den kommunalen Akteuren eine Nachhaltigkeitsstrategie sowie kommunale Nachhaltigkeitsindikatoren für die Modellregion Einheitsgemeinde Stadt Osterwieck (EHG Osterwieck) erarbeitet. Aktuell (Bearbeitungszeit: 7/2014 bis 6/2015) findet die Weiterführung des Projektes statt.
Das Ziel der derzeitigen wissenschaftlichen Begleitung besteht darin, Treiber und Barrieren für eine nachhaltige Stadtentwicklung in der ländlich geprägten Modellregion zu analysieren und zu bewerten sowie Lösungsansätze für eine nachhaltige und klimarobuste Gesellschaft abzuleiten.
Eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung ist ein vielschichtiger Prozess, welcher ökonomische, ökologische und soziale Aspekte umfasst, was die Ableitung von Zielsetzungen sowie die Erfolgskontrolle erschwert. Durch die Erarbeitung und Kommunikation von regional angepassten und abgestimmten Nachhaltigkeitsindikatoren können Erfolgskontrollen durchgeführt sowie die Entwicklungsziele angepasst werden. Die bislang erarbeiteten Nachhaltigkeitsindikatoren für die Modellregion sollen überprüft und weiterentwickelt werden. Wurden die Zielsetzungen erreicht? Sind die gewählten Indikatoren geeignet, praktikabel und für die Bürger verständlich? Wie können die Indikatoren einer nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit kommuniziert werden? Neben den bereits festgelegten Indikatoren werden einzelne Projekte vertieft hinsichtlich der ökonomischen (z. B. regionale Wertschöpfung) und ökologischen (z. B. Minderung der Treibhausgasemissionen) Kriterien bewertet. Als Methodik zur Überprüfung der Indikatoren werden fragebogengestützte Interviews sowie Datenanalysen durchgeführt.
Andrea Heilmann, Sophie Reinhold, Franziska Hillmer
15. Green Meetings: Theoretische Erklärungsansätze und empirische Befunde
Zusammenfassung
Die ökologischen Auswirkungen des ökonomischen Wachstums zählen zu den größten Problemen unserer Gesellschaft. Als Reaktion auf diese ökologischen Herausforderungen hat sich im Eventmarkt in den letzten ca. 20 Jahren das Konzept der „Green Meetings“ entwickelt. Durch diese Veranstaltungsform sollen die Auswirkungen einer durchgeführten Veranstaltung auf die Umwelt möglichst gering gehalten werden. Im Rahmen einer Literaturanalyse werden fünf verschiedene Untersuchungsschwerpunkte identifiziert, mit denen sich „Green Meetings“ erklären lassen. Aus jedem dieser Ansätze geht ein sehr unterschiedliches Verständnis von Green Meetings hervor. Dabei wird ersichtlich, dass in der Vergangenheit insbesondere die multiple Wirkung von Veranstaltungen im Vordergrund der Analysen stand. Neuere Ansätze helfen, Green Meetings holistischer zu erklären und greifen dabei auf das Konzept der Nachhaltigkeit oder des Stakeholder- und Netzwerk-Ansatzes zurück. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass zum einen die ökologische Perspektive von Green Meetings vertiefender analysiert werden sollte. Zum anderen sollte der ökologische Blickwinkel von Green Meetings stärker um soziale und ökonomische Aspekte erweitert und die Zusammenhänge intensiver untersucht werden. Auf Basis der Literaturanalyse wird empfohlen, den Begriff „Green Meetings“ durch „nachhaltige Veranstaltungen“ zu ersetzen, da letzterer die Komplexität und Ganzheitlichkeit des Konzeptes adäquater umschreibt. Abschließend wird ein neues Definitionsverständnis von „nachhaltigen Veranstaltungen“ vorgeschlagen, das die verschiedenen Forschungsansätze integriert und einen holistischen Erklärungsansatz bietet.
Griese Kai-Michael, Werner Kim, Meng Cai
16. Eine Analyse der Unterschiede in der Wahrnehmung von Themen der Nachhaltigen Entwicklung durch Studierende verschiedener Fächergruppen an der Hochschule Bochum
Zusammenfassung
Ziel eines explorativen Forschungsprojektes an der Hochschule Bochum war es, die studentische Wahrnehmung von Themen der Nachhaltigen Entwicklung zu erforschen und die Möglichkeiten zur Abbildung dieser Wahrnehmung zu prüfen. Für das Projekt wurden umfangreiche Daten mittels verschiedener empirischer Zugänge
(quantitative Onlinebefragung, qualitative Interviews) erhoben. Als Basis für die inhaltliche Konzipierung des Vorhabens dienten die Problemfelder der drei Nachhaltigkeitsdimensionen, die das Spannungsverhältnis zwischen Anforderungen des Ökosystems und seines Erhalts einerseits und der gleichzeitigen Befriedigung der Lebensbedürfnisse der Menschen, die aktuell auf der Erde leben, aber auch der zukünftigen Menschengenerationen, andererseits widerspiegeln. Die Erkenntnisse sollen dazu genutzt werden, mögliche Multiplikator_innen für die Nachhaltige Entwicklung an der Hochschule zu identifizieren und Bildungs- und Studienangebote weiterzuentwickeln.
In den Teilstudien konnten in Bezug auf das Wissen zu ausgewählten Themen der Nachhaltigen Entwicklung und deren Bewertung durch die Studierenden Unterschiede zwischen den verschiedenen Studierendengruppen festgestellt werden. Auch das individuelle Verständnis von Nachhaltiger Entwicklung und die Generierung von Lösungsansätzen scheinen durch den jeweiligen fachlichen Zugang geprägt zu sein. Während sich hier Hinweise auf die Bedeutung der Fachsozialisation und der Integration von Themen der Nachhaltigen Entwicklung in die Fachinhalte ergeben, zeigen sich hingegen hinsichtlich anderer Aspekte – wie beispielsweise eines nachhaltigen Lebensstils der Studierenden – keine oder kaum Unterschiede zwischen den Fächern.
Insgesamt scheint daher die Integration von Themen der Nachhaltigen Entwicklung in die Fachinhalte und -curricula und die Entwicklung eines fachlich fundierten Verständnisses von Nachhaltiger Entwicklung ein zentraler Ansatzpunkt für die Bildung für Nachhaltige Entwicklung und die Wandlung der Hochschule in Richtung einer „nachhaltigen Hochschule“ zu sein.
Sandra Krause-Steger, Melanie Roski
17. Nachhaltiger Konsum – Der Unterschied zwischen subjektiv und objektiv um-weltfreundlichem Kaufverhalten
Zusammenfassung
Der Umsetzung nachhaltigen Konsumverhaltens stehen subjektive und objektive Barrieren entgegen. Der Artikel geht auf die wesentlichen Einflussfaktoren ein. Auf Grundlage der Theory of Planned Behavior und Daten des GfK Consumer Panels kann zwar bestätigt werden, dass Konsument_innen nachhaltige Aspekte in ihr Kaufverhalten einfließen lassen und ihr Kaufverhalten als nachhaltig einstufen. Es besteht allerdings eine Diskrepanz zwischen selbstberichtetem und tatsächlich realisiertem Kaufverhalten. Weiterhin werden Methoden zur Umweltwirkungsbewertung von Produkten vorgestellt, um die subjektiv als nachhaltig empfundenen Verhaltensweisen mit objektiven Kriterien überprüfen zu können. An Beispielfällen wird gezeigt, dass das subjektiv nachhaltige Verhalten nicht in objektiv nachhaltigem Verhalten mündet. Eine entsprechende Abweichung kann kaum mit unterstellten Mehrkosten für nachhaltige Produkte erklärt werden.
Konsument_innen wollen umweltfreundlich konsumieren und gehen auch davon aus, dass sie dies tun. Das mangelnde Wissen über die Umweltwirkungen von Konsumgütern und die einfachen Heuristiken bei der Konsumentscheidung stehen aber letztlich einem nachhaltigen Konsumverhalten entgegen. Am Beispiel des Carbon Footprint lässt sich dieses Phänomen bei einigen Konsumgütern nachweisen. Schließlich werden die Eignung dieses monokriteriellen Indikators und mögliche Alternativen diskutiert.
Schließlich sollen Konsument_innen für mögliche Lücken zwischen subjektiv und objektiv nachhaltigem Konsumverhalten sensibilisiert werden, um zukünftig ein kongruentes Handeln zu ermöglichen. In diesem Sinn können die Ergebnisse als Ausgangspunkt für ein methodisch fundiertes Nachhaltigkeitsmarketing dienen.
Christian Haubach, Andrea K. Moser
18. Der ökologische Verbraucherpreisindex – Kosten- und Umweltwirkungsvergleich Von Nachhaltigem und Konventionellem Konsum
Zusammenfassung
Ein nachhaltigeres Konsumverhalten ist für immer mehr Menschen wichtig und vor dem Hintergrund weiter steigender globaler Umweltbelastungen auch dringend notwendig. Die unterstellten Mehrkosten eines nachhaltigeren Konsums stellen jedoch für viele Konsumenten eine Handlungsbarriere dar. Zur Überprüfung dieser Mehrpreishypothese wird in diesem Beitrag eine Methodik für Preisvergleiche zwischen konventionellen und ökologischen Produkten vorgestellt und diskutiert. Diese geht auf Ansätze des Verbraucherpreisindex und der Kaufkraftparitäten zurück. Als Auswahlkriterien für Produktalternativen wurden u. a. die Empfehlungen des „Nachhaltigen Warenkorb“ verwendet. Die empirischen Preisvergleiche wurden anhand von Primär- und Sekundärdaten in unterschiedlichen Konsumbereichen durchgeführt. Im Bereich „Lebensmittel“ liegen z. B. die Mehrkosten beim Vergleich jeweils gleichwertiger Markensegmente bei rund 70 %.
Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf der durchschnittlichen Konsumstruktur eines deutschen Haushalts. Der statistische Warenkorb wurde auch hinsichtlich seiner Klimawirkung untersucht. Sind Verhaltensänderungen mit finanziellen Einsparungen verbunden, können sich selbst bei Mehrkosten einzelner Güter finanzielle Möglichkeiten zur Umsetzung eines nachhaltigeren Konsumverhaltens ergeben. In diesem Fall liegen die Umsetzungsbarrieren für einen nachhaltigen Konsum weniger bei den Mehrkosten als vielmehr beim Konsumentenverhalten und der persönlichen Zahlungsbereitschaft.
Christian Haubach, Benjamin Held
19. Berücksichtigung der Nachhaltigkeit in der Entwicklung und Vermarktung von Konsumgütern
Zusammenfassung
Nachhaltigkeit ist für die Gestaltung unternehmerischer Prozesse und Produkte zu einem Megatrend geworden. Im Kontext der Konsumgüterindustrie erscheint es insbesondere wünschenswert, Nachhaltigkeit als Eigenschaft von Konsumgütern zu etablieren. Was dieser von verschiedenen Stakeholdern geäußerte Wunsch allerdings konkret für die Praxis der Produktentwicklung bedeutet, bleibt oft unklar. Nicht abschließend beantwortete Fragen und wiederkehrende Probleme beziehen sich auf die Definition des Begriffs „nachhaltiges Produkt“, die Lösung von Zielkonflikten zwischen den Einzelaspekten der Nachhaltigkeit und die Bestimmung des „richtigen“ Maßes an Nachhaltigkeit. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Studie untersucht, auf welche Weise Nachhaltigkeit als Produkteigenschaft Eingang in die heutige Entwicklungspraxis von Konsumgütern findet. Als Forschungsmethode dient das explorative Vorgehen der Grounded Theory, nach dessen Prinzipien 31 semistrukturierte Interviews mit Führungskräften aus der Produktentwicklung geführt und analysiert werden. Mithilfe der erhobenen Daten wird ein theoretisches Erklärungsmodell der Gestaltung und Vermarktung nachhaltiger Konsumgüter gebildet. Ein wesentlicher Aspekt des Modells ist die Unterscheidung von Strategien zur konzeptionellen Berücksichtigung der Nachhaltigkeit für das gesamte Produktportfolio. Zur Charakterisierung dieser grundlegenden Herangehensweisen wird auf Basis der Grounded Theory-Analyse eine Unternehmenstypologie entwickelt und beschrieben.
Moritz Petersen, Wolfgang Kersten, Sebastian Brockhaus
20. Operationalisierung von Nachhaltigkeit im Produktionskontext: Integrierte Ressourceneffizienzanalyse zur Senkung der Klimabelastung von Produktionsstandorten der chemischen Industrie
Zusammenfassung
Um die Treibhausgasemissionen der chemischen Industrie wirksam zu reduzieren, ist eine integrierte Analyse und Optimierung komplexer Produktionssysteme notwendig, die Rohstoff- und Energieeinsätze, resultierende Kosten sowie Umweltwirkungen berücksichtigt. Als ein Beitrag dazu wurde das Projekt InReff (Integrierte Ressourceneffizienzanalyse zur Senkung der Klimabelastung von Produktionsstandorten der chemischen Industrie) ins Leben gerufen. Ziel des Forschungsprojekts ist die Entwicklung einer IT-basierten Modellierungs- und Bewertungsumgebung, in der Problemstellungen der chemischen Industrie im Kontext von Ressourceneffizienz und Umweltschutz umfassend behandelt werden können. Dieser Beitrag führt in die Ressourceneffizienzthematik ein und erläutert die Grundkonzeption des Forschungsvorhabens. Es wird ein idealtypisches Modell zur Ressourceneffizienzanalyse vorgestellt und der konzeptionelle Aufbau einer IT-basierten Integrationsplattform erläutert. Eine Verifizierung des entwickelten Modells erfolgt anhand der hier vorgestellten Fallstudien der Industriepartner des Projekts. Abschließend wird ein Bezug zu weiteren Forschungsaktivitäten und -fragen hergestellt. Der Beitrag zeigt einen Ansatz zur Operationalisierung von Nachhaltigkeit im Produktionskontext und verdeutlicht die interdisziplinären Herausforderungen entsprechender Forschungsansätze.
Tobias Viere, Heidi Hottenroth, Hendrik Lambrecht, Nadine Rötzer, André Paschetag, Stephan Scholl, Mandy Wesche
21. Nachhaltiges Rampenmanagement – eine Analyse von Anreizen zur Einführung eines nachhaltigen Rampenmanagementkonzeptes
Zusammenfassung
Nachhaltiges Handeln wird von Logistikdienstleistern zwar zunehmend erwartet, die tatsächliche Umsetzung, insbesondere hinsichtlich ökologischer und sozialer Aspekte, variiert jedoch stark. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Nachhaltiges Rampenmanagement“ wird der Abfertigungsprozess an LKW-Laderampen untersucht. Dieser wurde in Literatur und Praxis als logistische Engstelle identifiziert. Die frachtführenden Dienstleister nehmen gegenüber den standortbetreibenden Unternehmen die schwächere Position ein: Häufig wird erwartet, dass die frachtführenden Unternehmen die prozessseitigen Einbußen und Verzögerungen tragen.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden bereits Problemstellungen sowie aktuelle Implementierungen von Nachhaltigkeitsaspekten und Gründen für deren Umsetzung im Rampenprozess erhoben. Gezeigt werden konnte, dass in der Praxis vor allem die Verfügbarkeit von Informationen und die Effizienz von Prozessen als Fragestellungen im Vordergrund stehen. Soziale Aspekte werden zwar als weitgehendes Problem angesehen, finden aber genauso wie ökologische Fragestellungen nur unter Effizienz- oder Marketing-Gesichtspunkten Beachtung. In der Praxis unterstützen die Ergebnisse insbesondere Unternehmen, welche darauf abzielen, ihre Nachhaltigkeitsstrategie auch bei der Gestaltung ihres Rampenmanagementkonzeptes zu implementieren.
In dieser Veröffentlichung werden nun erste Ergebnisse zu möglichen Anreizen zur Implementierung von nachhaltigen Rampenmanagementkonzepten durch standortbetreibende und frachtführende Unternehmen dargestellt. Diese wurden im Rahmen einer Gruppendiskussion mit Experten der Branche (n = 9) erhoben und erörtert. 24 mögliche Anreize wurden dabei von der Gruppe identifiziert, wobei davon vier für die standortbetreibende und einer für die frachtführende Partei als interessant eingestuft wurden. Es konnte gezeigt werden, dass die ökonomisch getriebenen Stellgrößen der effizienten Prozesse und werbewirksamen Maßnahmen dabei die vorrangige Rolle spielen.
Niels Hackius, Wolfgang Kersten
22. Stoffstrommanagement als Instrument zur nachhaltigen Schaffung von regionaler und betrieblicher Wertschöpfung
Zusammenfassung
Das Stoffstrommanagement konzentriert sich auf die Stoff- und Energieströme in einem System (z. B. in einer Region, in einem Unternehmen oder in einer Wertschöpfungskette) und verfolgt das Ziel, diese so zu gestalten, dass das System in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt werden kann. Dabei werden die Stoff- und Energieströme unter ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten betrachtet. Der intelligente, ressourceneffiziente Umgang mit Stoff- und Energieströmen ist das Rückgrat einer nachhaltigen Gesellschaft. In der Philosophie des am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier angesiedelten Instituts für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) ist die Optimierung der Stoff- und Energieströme weniger eine technische Herausforderung als vielmehr eine Frage des Managements. Die fundierte Analyse der Ist-Situation, der Aufbau von Akteursnetzwerken zur Lösungsfindung, die innovative Kombination neuer und bewährter Technologien sowie die Entwicklung innovativer Finanzierungsinstrumente bilden daher die Arbeitsschwerpunkte des IfaS. Vorgestellt werden ausgewählte Forschungsprojekte des IfaS, um die Erfolgspotenziale des interdisziplinären, ganzheitlichen Instruments „Stoffstrommanagement“ zu verdeutlichen. Neben Projekten in Deutschland und den europäischen Nachbarländern betreut das IfaS internationale Forschungsprojekte u. a. in Asien, Südamerika, Nordafrika und der Türkei. Beispiele für das IfaS-Projektportfolio sind zahlreiche Null-Emissions-Projekte auf kommunaler Ebene, Projekte zur Entwicklung von Bioenergiedörfern und regionale Klimaschutzkonzepte, Projekte zum nachhaltigen Anbau von Biomasse und zu Landnutzungsstrategien, Masterpläne zum Einsatz erneuerbarer Energien, nachhaltige Abfallwirtschaftskonzepte und Ressourceneffizienzprojekte im Unternehmenssektor.
Klaus Helling, Peter Heck
23. Nachhaltiges Campusmanagement im Bereich Energie – Der Transformationsprozess in öffentlichen Einrichtungen am Beispiel eines Kooperationsprojekts an der Universität Tübingen
Zusammenfassung
Im Rahmen einer innovativen transdisziplinären Kooperation an der Eberhard Karls Universität Tübingen werden die Herausforderungen dargestellt, mit denen sich ein Projekt zur Nachhaltigkeit im Bereich Management, Energie und Geographie auseinandersetzt. Durch Ebenen übergreifende Zusammenarbeit und interdisziplinären Austausch wird ein Bewertungssystem entwickelt, das die Ziele eines nachhaltigen Campuskonzepts verfolgt. Dabei entsteht eine Datenbank, mit deren Hilfe ein umsetzbares Maßnahmenkonzept zum Klima- und Umweltschutz abgeleitet wird, das in die Verwaltungsstrukturen der Universität integriert werden kann. Die Integrierbarkeit hängt von einer konstruktiven Interaktion zwischen Wissenschaft und Verwaltung ab und zeigt die Möglichkeiten und Grenzen einer Ebenen übergreifenden Zusammenarbeit auf. Am Beispiel der Universität Tübingen können bereits innovative Lösungsansätze vorgestellt werden.
Sandy-Cheril Manton, Thomas Potthast, Volker Hochschild
Metadaten
Titel
Forschung für Nachhaltigkeit an deutschen Hochschulen
herausgegeben von
Walter Leal Filho
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-10546-4
Print ISBN
978-3-658-10545-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-10546-4