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Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management 6/2023

Open Access 18.12.2023 | Schwerpunkt

Künstliche Intelligenz für Tierwohl: Aktivitätserkennung und Process-Mining im Schweinestall

verfasst von: Arvid Lepsien, Dr. Andreas Melfsen, Prof. Dr. Agnes Koschmider, Tobias Jäggle

Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management | Ausgabe 6/2023

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Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Die moderne Landwirtschaft, die einen besonderen Fokus auf Tierwohl und Umweltaspekte legt, steht vor vielfältigen Herausforderungen. Mithilfe von Process-Mining-Verfahren, die ihren Ursprung im Bereich der Datenanalysen haben, können innovative Monitoringsysteme geschaffen werden, die es den Landwirten ermöglichen, frühzeitig auf Probleme zu reagieren und Tierwohl und Umweltschutz zu verbessern.

Einleitung

Die moderne Landwirtschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Schweinehaltung. Eine der zentralen Aufgaben besteht darin, die Tierhaltung entsprechend den Vorgaben durch das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz oder durch die Produktionsvorgaben des Einzelhandels so zu optimieren, dass sowohl Aspekte des Tierwohls wie auch der Umwelt bestmöglich berücksichtigt werden. Dies erfordert innovative Ansätze und Technologien, um den Anforderungen an nachhaltig erzeugte Lebensmittel und der Reduktion von Ammoniakemissionen gerecht zu werden.
Die Anforderungen an die Schweinehaltung haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. So schreibt beispielsweise die EU-Verordnung über die ökologische Produktion und Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen eine strukturierte Mehrflächenbucht mit Auslauf für die ökologische Schweinehaltung vor. Gleichzeitig werden auch in der konventionellen Schweinehaltung vermehrt Ställe mit freier Lüftung und größerem Platzangebot gebaut, um den Tierwohlansprüchen gerecht zu werden und die Vermarktung der Produkte über höhere Stufen im Rahmen des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes zu ermöglichen.
Zusammenfassung
  • Die moderne Landwirtschaft steht bei der Verbesserung von Tierwohl und Umweltaspekten vor zahlreichen Herausforderungen.
  • Eine automatisierte, computerbasierte Verhaltensanalyse im Schweinestall ermöglicht es, aus dem beobachteten Verhalten Tierwohl- und Umweltindikatoren abzuleiten.
  • Die abgeleiteten Indikatoren stellen eine Basis zur Entwicklung von Monitoringsystemen dar, die im Betrieb dafür genutzt werden, Probleme frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu intervenieren.

Tierverhalten im Fokus

In modernen Schweineställen sind die Buchten in unterschiedliche Funktionsbereiche unterteilt, die spezifisches Verhalten der Tiere vorsehen, wie zum Beispiel Ruhe‑, Aktivitäts- und Kotbereiche. Ein entsprechendes Verhalten in den jeweiligen Bereichen wirkt sich positiv auf das Tierwohl, die Tiergesundheit und die Reduktion von Ammoniakemissionen aus. Doch die Herausforderung besteht darin sicherzustellen, dass die Schweine diese Funktionsbereiche entsprechend nutzen, insbesondere unter sich ändernden klimatischen Bedingungen durch den Wechsel auf freie Lüftungssysteme, um Außenklimareize und Außenausläufe zu ermöglichen.
Bei diesen freibelüfteten Stallsystemen mit Auslauf hat die Witterung einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Schweine und kann dazu führen, dass die Funktionsbereiche nicht wie vorgesehen genutzt werden [1]. Dies kann zu Verschmutzungen in nicht dafür vorgesehenen Bereichen führen, die auf der einen Seite das Tierwohl beeinträchtigen und andererseits die Ammoniakemissionen erhöhen können. Auch die frühzeitige Erkennung von Gesundheits- und Tierwohlproblemen, wie zum Beispiel die Identifizierung klinischer und subklinischer Krankheiten, kann anhand von allgemeinen Verhaltensänderungen bei Schweinen mithilfe von Videodaten beobachtet werden [2].
Um solche Veränderungen im Verhalten frühzeitig zu erkennen und die klimatischen Bedingungen im Sinne des Tierwohls anpassen zu können, ist eine kontinuierliche Überwachung des Verhaltens erforderlich. Die Entwicklung eines Monitoringwerkzeugs zur Verhaltensanalyse von Schweinen in freibelüfteten Ställen hat das Potenzial, die Tierhaltung in Bezug auf Tierwohl, Tiergesundheit und Umweltauswirkungen signifikant zu verbessern. Darüber hinaus kann es die Grundlage für die automatisierte Steuerung von klimatischen Aktoren schaffen, die sich gezielt am Tierverhalten orientiert. Dieser ganzheitliche Ansatz verspricht, die Herausforderungen in der modernen Schweinehaltung erfolgreich anzugehen und sowohl die Bedürfnisse der Tiere als auch die Umweltauflagen zu erfüllen.

Videokameras zur Verhaltensüberwachung

Weil der Aufbau von Videokameras – im Vergleich zu umfassender Sensorik – kostengünstig ist, nur geringe bauliche Eingriffe erfordert und keinen Einfluss auf das Tierverhalten erwarten lässt, ist die Aufnahme von Videodaten für die Verhaltensanalyse von Tieren eine in der agrarwissenschaftlichen Forschung weitverbreitete Methode. Es existiert bereits eine Vielzahl von Methoden zur videobasierten Erkennung von Tierverhalten – sowohl zur Erkennung einzelner problematischer Verhaltensweisen wie Schwanzbeißen als auch zur simultanen Erkennung von mehreren Verhaltensweisen [3]. Allerdings stellen die zur Anpassung und Anwendung dieser Methoden benötigten technischen Kenntnisse oftmals eine große Hürde dar, sodass in vielen Fällen weiterhin die vollständige manuelle Annotation der Videoaufnahmen die Grundlage für Untersuchungen bildet. Der damit verbundene hohe Arbeitsaufwand führt auch dazu, dass die videobasierte Verhaltensanalyse bisher keine große Verbreitung in der Praxis gefunden hat. Zudem sind die bestehenden Verfahren in der Regel auf Analysen ausgelegt, die einzelne Verhaltenskategorien ausschließlich isoliert betrachten oder auf einfache Zusammenhänge beschränkt sind.
Ziel dieses Beitrags ist die Vorstellung einer Methode, die es automatisiert ermöglicht, komplexe Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verhaltensweisen zu analysieren.
Eine Automatisierung der Erkennung und Analyse von Verhalten ermöglicht es, eine Vielzahl verschiedener Analysen in (nahezu) Echtzeit durchzuführen. Mithilfe dieser Analysen können Indikatoren bereitgestellt werden, anhand derer bei Problemen direkt in den Haltungsprozess eingegriffen werden kann.

Prozessanalyse im Schweinestall

Die zentrale Idee unseres Ansatzes ist die Nutzung von Verfahren des Process-Mining. Process-Mining hat seinen Ursprung im Geschäftsprozessmanagement und findet auch überwiegend in diesem Bereich Anwendung. Die Spuren, die während der Ausführung von Geschäftsprozessen in verschiedenen Informationssystemen hinterlassen werden, werden in sogenannte „Ereignisprotokolle“ zusammengefasst. Auf Grundlage dieser Ereignisprotokolle ermöglichen Process-Mining-Methoden beispielsweise die Rekonstruktion von Prozessabläufen und Ursache-Wirkungs-Ketten, die Erkennung von Ausreißern und Anomalien in der Prozessausführung und die Vorhersage von Dauer und Ausgang von Prozessschritten. Durch die Betrachtung des gesamten Prozesses, also des Zusammenspiels der Aktivitäten, kann in der Analyse ein deutlicher Mehrwert gegenüber der isolierten Betrachtung einzelner Arbeitsschritte erreicht werden.
Ebendiese Stärken des Process-Mining können auch für die Tierverhaltensanalyse genutzt werden, indem anstelle von Aktivitäten im Sinne von Arbeitsschritten eines Geschäftsprozesses Aktivitäten im Sinne von Verhaltensweisen verschiedener Kategorien, die von den Schweinen innerhalb von Verhaltensmustern ausgeführt werden, betrachtet werden. Der Vorteil der Nutzung von Process-Mining-Verfahren liegt also darin, dass nicht nur eine reine Verhaltenserkennung durchgeführt wird, sondern vielmehr darin, dass mittels der Betrachtung des Zusammenhangs der einzelnen Aktivitäten eine zusätzliche Analyseperspektive eröffnet wird, die Verhaltensabläufe und -muster neuartig betrachtet. So wird es beispielsweise ermöglicht, den Kontext von Anomalien – sowohl im Sinne des Verhaltenskontextes als auch im Sinne von externen Einflüssen – zu analysieren oder durch die Früherkennung von Abweichungen im Tierverhalten einzugreifen, bevor problematisches Verhalten auftritt.
Durch die Analyse der Videodaten mit Process-Mining-Verfahren wird eine neue Analyseperspektive eröffnet, die Rückschlüsse auf die Ursachen von problematischem Verhalten ermöglicht, indem komplexe Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verhaltensweisen betrachtet werden.
Videokameras stellen eine einfach aufzubauende und kostengünstige Möglichkeit zur Verhaltensüberwachung in der Tierhaltung dar.
Abweichungen, die im Tierverhalten erkannt werden, geben Aufschluss über mögliche Probleme im Stall.

Aufbereitung der Videodaten

Da das Tierverhalten nicht wie im Unternehmen direkt verwertbare Spuren in Informationssystemen hinterlässt, befindet sich in dieser Anwendung der Startpunkt der Analyse nicht im Ereignisprotokoll, sondern in den im Stall aufgenommenen Videodaten. Um diese Videodaten für die Analyse mittels Process-Mining nutzbar zu machen, wird ein Ansatz zur Extraktion von Ereignisprotokollen aus Videodaten verwendet [4]. Dieser Analyseansatz unterteilt sich in fünf aufeinanderfolgende Schritte, wie in Abb. 1 dargestellt:
1.
Rohdaten: Dieser Schritt umfasst die Aufnahme und Bereitstellung der Rohdaten. Bei der Aufnahme von Videodaten ist darauf zu achten, dass diese möglichst alle für das Analyseziel relevanten Bereiche und Aktivitäten erfassen.
 
2.
Datenvorverarbeitung: Die Vorbereitung der Videodaten auf die weitere Verarbeitung umfasst unter anderem das Aussortieren von für das Analyseziel nicht relevanten Videosequenzen, die Skalierung der Auflösung zur Reduktion des Rechenaufwands und die Erkennung von Positionen, Bewegungstrajektorien und ausgeführten Aktivitäten der einzelnen Tiere mittels Methoden der künstlichen Intelligenz (KI).
 
3.
Aggregation & Abstraktion: Im nächsten Schritt werden die vorverarbeiteten Daten mittels Abstraktions- und Aggregationsverfahren semantisch angereichert und auf ein höheres, einheitliches und verständlicheres Granularitätsniveau gebracht, um ein Process-Mining kompatibles Ereignisprotokoll zu erstellen.
 
4.
Prozesserkennung: Die aggregierten und abstrahierten Daten dienen als Grundlage zur Prozesserkennung mittels Process-Mining-Verfahren. Die resultierenden Prozessmodelle stellen eine strukturierte Übersicht über das beobachtete Verhalten dar.
 
5.
Prozessanalyse: Aufbauend auf die Prozesserkennung und mithilfe des extrahierten Ereignisprotokolls können anschließend verschiedene Prozess- und Verhaltensanalysen mit etablierten Process-Mining-Verfahren durchgeführt werden. Abhängig vom Analyseziel können beispielsweise Abweichungen vom erwarteten (Tier‑)Verhalten erkannt und vorhergesagt werden oder die tatsächliche Nutzung der architektonisch vorgegebenen Funktionsbereiche nachvollzogen werden.
 

Aktueller Entwicklungsfortschritt

Mit diesem Analyseansatz ist es möglich, die Videodaten, die im Schweinestall aufgenommen werden, so aufzubereiten, dass sie die Voraussetzungen für eine Analyse mittels Process-Mining-Verfahren erfüllen. Die in [4] beigefügte Implementierung stellt für jeden der fünf Schritte bereits grundlegende Methoden bereit. Die Anpassung der Implementierung auf die Bedürfnisse eines konkreten Anwendungsfalls erfolgt durch die Auswahl der passenden Methoden für die jeweiligen Schritte und eine Kalibrierung der KI-Modelle mit einem kleinen Datensatz aus manuell annotierten Beispielaufnahmen.
Ein wesentlicher Unterschied zur herkömmlichen Geschäftsprozessanalyse besteht in den zu berechnenden Indikatoren. Während in Unternehmen Kennzahlen wie Durchlaufzeiten von Bedeutung sind, stehen in der Tierhaltung andere Faktoren im Vordergrund. Hier sind geeignete Indikatoren erforderlich, die Einblicke in Tierwohl, Gesundheit, Effizienz und andere relevante Aspekte ermöglichen. Eine erste Studie zeigt bereits eine Vielzahl an Analysen, die basierend auf den extrahierten Informationen vorgenommen werden können [5]. So kann beispielsweise durch die Lokalisierung von spezifischen Aktivitäten (Liegen, Fressen, Abkoten) die Nutzung der Funktionsbereiche nachvollzogen werden, und Abweichungen von den baulich vorgesehenen Bereichen können erkannt werden. Ein weiteres Beispiel ist die Visualisierung von erkannten Verhaltensmustern in Form von Prozessmodellen. Diese Prozessmodelle ermöglichen die Analyse des Schweineverhaltens unter verschiedenen Bedingungen, wie zum Beispiel die Reaktion auf Temperaturveränderungen.

Zusammenarbeit in der weiteren Entwicklung

Die bereits entwickelten Analysen und Indikatoren bilden die Ausgangsbasis für die weitere Entwicklung. Ein zentraler Aspekt bei der Gestaltung neuer Indikatoren besteht darin, bei der Entwicklung den vielfältigen Anforderungen und Informationsbedarfen verschiedener Anwender (Stakeholder) gerecht zu werden (Abb. 2). Während für einen Betrieb vorrangig Effizienzsteigerungen bei der Futternutzung wichtig sein könnten, könnte ein anderer Betrieb zum Beispiel daran interessiert sein zu validieren, ob die baulich vorgesehenen Funktionsbereiche in einem neu gebauten Stall wie erwartet von den Schweinen angenommen werden. Diese unterschiedlichen Anforderungen führen zu einem Bedarf an spezifischen Datenanalysen und Indikatoren, die von der Forschung entwickelt werden müssen.
Dabei spielen auch Fachverbände eine wichtige Rolle, indem sie Anforderungen und Erfahrungen der Betriebe bündeln und somit Bedarfe gesammelt und priorisiert kommunizieren können. Im Austausch zwischen Industrie und Forschung kann dann die methodische und technische Entwicklung erfolgen und die entwickelten Analysen mit Versuchsaufbauten in Testbetrieben validiert werden. Bei dieser Entwicklung kann auf bestehende Erkenntnisse in der Tierverhaltensforschung zurückgegriffen werden, um passende Indikatoren abzuleiten. Sobald ein produktives System etabliert ist, erfolgt der produktive Einsatz durch die Industrie. Im Austausch mit den Fachverbänden kann die Industrie eine breite Nutzerbasis informieren.
Handlungsempfehlungen
  • Verschiedene Stakeholder frühzeitig einbinden, um sicherzustellen, dass die entwickelten Analysen und Indikatoren einen praktischen Mehrwert bieten
  • Einbeziehung von Verhaltensaspekten kann die automatische Steuerung von klimatischen Aktoren verbessern
  • Umsetzung der entwickelten Indikatoren in einem auf den jeweiligen Betrieb angepassten Monitoringwerkzeug (Dashboard) ermöglicht die Anwendung durch Endnutzer

Ausblick auf die praktische Anwendung

Die entwickelten Indikatoren können im produktiven Einsatz genutzt werden, um ein auf die individuellen Bedürfnisse des Betriebs angepasstes Monitoringdashboard bereitzustellen. Ein Beispiel, wie diese Umsetzung in einem Dashboard aussehen könnte, ist in Abb. 3 gezeigt. Zusätzlich zu den Kameras, die im beispielhaften Schweinestall mehrere voneinander abgetrennte Buchten überwachen, sind Sensoren zur klimatischen Überwachung und Aktoren zur klimatischen Steuerung verbaut. Aus der automatischen Verhaltensanalyse werden verschiedene Indikatoren abgeleitet, die Aufschluss über die Verhältnisse im Stall geben und die Erkennung von problematischem Verhalten ermöglichen. Oben im Dashboard finden sich allgemeine Verhaltensindikatoren, die einen schnellen Überblick über die Verhältnisse im Stall geben. Zusätzlich wird die Verlässlichkeit der Analyse sichergestellt, indem ein Messwert für die Analysequalität bereitgestellt wird. Unter diesen allgemeinen Indikatoren sind Statusmeldungen dargestellt, die wichtige Ereignisse, wie plötzliche Abweichungen von den erwarteten Verhaltensmustern oder längerfristige Verhaltensänderungen, die zum Beispiel auf Krankheiten hinweisen können, protokollieren. Zusätzlich zu den Statusmeldungen verortet eine Stallübersicht die Quelle von Meldungen nach Stallbereichen. Bei Meldungen, die einen manuellen Eingriff erfordern, werden Erklärungen und Handlungsempfehlungen zu den Meldungen dargestellt. Rechts davon sind detailliertere Verhaltensanalysen dargestellt. Das Verhalten anteilig nach Verhaltensgruppen und das Aktivitätsniveau, jeweils dargestellt über verschiedene Zeitspannen, ermöglichen sowohl die Identifikation von kurzfristigen Abweichungen, die eventuell auf akute Probleme zurückgeführt werden können, als auch die Kontrolle von Aufzuchtserfolg und Effizienz. Die Verhaltensstabilität dient als weiterer Indikator für die Feststellung von Problemen. Die Verhaltensstabilität kann zum Beispiel berechnet werden, indem Soll-Modelle von zu erwartendem Verhalten mit dem tatsächlich beobachteten Verhalten verglichen werden. Dazu enthält das Dashboard eine Übersicht über den Verlauf von Außen- und Stalltemperatur.
Diese Informationen können auch genutzt werden, um in den freibelüfteten Stallsystemen das Stallklima gezielt und entsprechend des Bedarfes der Schweine zu steuern. Dies geschieht mithilfe einer Vielzahl von Aktoren, die beispielsweise in Farmmanagementsysteme integriert sind. Die Aktorik ermöglicht es, verschiedene Aspekte des Stallklimas zu beeinflussen, darunter die Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftzirkulation. Entsprechend den kontextsensitiven Anforderungen ist es darüber hinaus denkbar, weitere Struktur- und Einrichtungselemente zu steuern, die an die klimatische Situation und an das Verhalten der Tiere angepasst werden, und dadurch die Bedingungen für die Tiere zu optimieren.

Fazit

Die moderne Landwirtschaft steht vor der Aufgabe, die Tierhaltung so zu unterstützen, dass sowohl Tierwohl als auch Umweltaspekte berücksichtigt werden. Eine umfassende, automatisierte Verhaltensanalyse hilft dabei, mögliche Probleme schnell zu erkennen und auf Veränderungen reagieren zu können. Besonders nützlich dafür sind Videokameras, die zur bildbasierten Verhaltensüberwachung der Tiere genutzt werden, da sie eine tiefgreifende Analyse ermöglichen und vergleichsweise schnell und kostengünstig eingesetzt werden können. Der vorgestellte Analyseansatz ermöglicht es, die erfassten Daten effizient und automatisiert zu analysieren, um Einblicke in Tierwohl, Tiergesundheit und andere relevante Aspekte zu gewinnen. Durch die Anwendung von Process-Mining-Verfahren wird eine Analyse von Verhaltensabläufen und -mustern der Schweine ermöglicht, die eine neue Perspektive auf das Tierverhalten bietet. Dies ermöglicht die Früherkennung von Abweichungen und bietet die Möglichkeit, in den Haltungsprozess einzugreifen, bevor problematisches Verhalten auftritt. Dieser ganzheitliche Ansatz verspricht, die Herausforderungen in der modernen Schweinehaltung erfolgreich anzugehen und die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Ein zusätzlicher Fokus wird in der Zukunft auch auf Aspekten von Datenschutz und Akzeptanz in Betrieben liegen, um einen möglichst breiten produktiven Einsatz zu ermöglichen.

Funding

Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. Das Projekt ProcessPig wird durch die EU im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP Agri) und das Landesprogramm Ländlicher Raum des Landes Schleswig-Holstein (LPLR) für drei Jahre gefördert. www.​eip-agrar-sh.​de
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literatur
Metadaten
Titel
Künstliche Intelligenz für Tierwohl: Aktivitätserkennung und Process-Mining im Schweinestall
verfasst von
Arvid Lepsien
Dr. Andreas Melfsen
Prof. Dr. Agnes Koschmider
Tobias Jäggle
Publikationsdatum
18.12.2023
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Wirtschaftsinformatik & Management / Ausgabe 6/2023
Print ISSN: 1867-5905
Elektronische ISSN: 1867-5913
DOI
https://doi.org/10.1365/s35764-023-00502-1

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