8. Arbeitsmarkt in der VR China

Die Kommunistische Partei Chinas betrachtet das Parteiensystem Chinas als ein „Mehrparteien-Kooperationssystem unter der Führung der Kommunistischen Partei“ (Liu et al., 2016, S. 22). Neben der KPC gibt es acht weitere anerkannte politische Parteien: China Revolutionary Committee of the Kuomintang, China Democratic League, China Democratic National Construction Association, China Association for the Promotion of Democracy, Chinese Peasants and Workers’ Democratic Party, China Zhi Gong Dang, Jiusan Society und Taiwan Democratic Self-government League (China Internet Information Center, o. J.).

Das World Justice Project stuft China für 2017/18 auf Platz 75 von 113 untersuchten Ländern ein, wobei es in den Kategorien Einschränkung der Regierungsgewalt, Grundrechte und offene Regierung besonders schlecht abschneidet (WJP, 2018).

Im Jahr 2015 änderte sich auch die Rhetorik an der Parteispitze, und die Förderung sektoraler Tarifverhandlungen wurde nun als Bedrohung dargestellt (Estlund, 2017, S. 147).

Es gibt keine offiziell gemeldeten Streikstatistiken, und die beste verfügbare Methode scheint die Beobachtung der Medien durch das China Labor Bulletin zu sein, das Ende Oktober 203 Streiks für 2011 (erste verfügbare Daten), 384 für 2012, 647 für 2013, 1358 für 2014, 2775 für 2015, 2670 für 2016, 1258 für 2017 und 1708 für 2018, 1385 für 2019 und 591 für 2020 meldete (CLB, 2020).

Der ACTFU ist formell ein Zusammenschluss von 10 Gewerkschaften: Nationaler Ausschuss der Chinesischen Gewerkschaft der Beschäftigten in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Kultur, Medizin und Sport, Nationaler Ausschuss der Chinesischen Gewerkschaft der Beschäftigten in den Bereichen Energie und Chemie, Nationaler Ausschuss der Chinesischen Gewerkschaft der Beschäftigten in den Bereichen Finanzen, Handel, Leichtindustrie, Textil und Tabak, Nationaler Ausschuss der Chinesischen Gewerkschaft der Beschäftigten in den Bereichen Maschinen, Metallurgie und Baumaterialien und Nationaler Ausschuss der Chinesischen Gewerkschaft der Beschäftigten im Baugewerbe.

Die Existenz eines geordneten und kreditbasierten Finanzsystems ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus, wobei der Kapitalismus risikofreudige Investoren benötigt, die mit geliehenem Geld wetten können. Was diesen Mechanismus jedoch effizient macht, ist das Vorhandensein harter Budgetbeschränkungen in Form der Androhung der Liquidation, sollte sich eine solche Wette als unklug erweisen. Die sozialistische Alternative ist eine zentral zugewiesene Ressourcenzuweisung, die weiche Budgetbeschränkungen ermöglicht, um sich auf die Planerfüllung und nicht auf die operative Effizienz zu konzentrieren (Pistor et al., 2016, S. 353–354). In diesem Sinne behält China eine gewisse Soft-Budget-Tendenz in seinem Bankensektor bei, hat aber ein Börsensystem geschaffen, das eine für seine langfristigen Marktreformen typische Kombination darstellt. Auf dem chinesischen Festland gibt es zwei Börsen – Shanghai (die in ihrer heutigen Form 1990 in Betrieb genommen wurde) und Shenzhen (die 1991 in Betrieb genommen wurde). Ursprünglich waren sie fast ausschließlich für staatliche Unternehmen bestimmt, da die staatliche Planungskommission die Firmen auswählte, die an der Börse notiert werden durften. Diese Vorschrift wurde im Jahr 2000 aufgehoben, und die Unternehmen in Privatbesitz übernahmen nach und nach das Ruder, so dass sie bis 2010 die Mehrheit stellten (Lardy, 2014, S. 112–113).

Die sich abzeichnenden Reformen in China ähneln nicht den Reformen in den USA zur Zeit des New Deal, da sie nicht durch eine ausgeprägte Arbeitermacht und gewerkschaftliche Aktivitäten angetrieben werden. Der passendere Vergleich wäre der mit dem Deutschland der Bismarck-Ära, in dem das äußerst einflussreiche deutsche Modell des Wohlfahrtsstaates eingeführt wurde. Die weitreichenden Reformen der 1880er-Jahre (Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherung) wurden im Rahmen der antisozialistischen Bemühungen Bismarcks verabschiedet, der die Gewerkschaften effektiv verbot und das Funktionieren der sozialdemokratischen politischen Kräfte behinderte. Es ging darum, arbeitnehmerfreundliche Lösungen zu finden und damit der wachsenden strukturellen Macht der Arbeiterschaft in Europa Rechnung zu tragen (aus Angst vor einer deutschen Version der Pariser Kommune von 1871) und gleichzeitig die Manifestation der strukturellen Macht durch Vereinigungen zu verhindern. In diesem Sinne haben das moderne China und das Deutsche Reich des späten 19. Jahrhunderts in Bezug auf Arbeitsreformen mehr gemeinsam als das moderne China und die USA der 1930er-Jahre.

Die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank wurde 2014 gegründet und vom Economist als die chinesische Version der Weltbank interpretiert (Why China is creating a new „World Bank“, 2014). Das ebenfalls 2014 gegründete BRICS Contingent Reserve Arrangement (CRA) wird als Alternative zum IWF interpretiert (Ein Akronym mit Kapital, 2014), wobei China der führende Partner mit den meisten Stimmrechten ist.