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Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie 2/2024

Open Access 15.05.2024 | Abhandlung

Die Zurückgelassenen. Subjektive Deutungsmuster von Statustrajektorien der Abwertung

verfasst von: Stefan Holubek-Schaum, Natalie Grimm, Patrick Sachweh

Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie | Ausgabe 2/2024

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Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund aktueller Debatten über die Rolle des sozialen Status für politische Einstellungen untersucht der Beitrag in einer qualitativen Interviewstudie die Vielgestaltigkeit, Funktionen und Folgen des biographischen Deutungsmusters des „Zurückgelassenwerdens“. Im Zentrum steht die Frage, welche Bedeutung biographische Erfahrungsaufschichtungen und langfristige soziale Flugbahnen – sogenannte Statustrajektorien – für die aktuelle eigene Statusverortung und das Statuserleben haben. Auf der Basis von 90 biographisch-narrativen Interviews zeigt der Beitrag anhand von drei typischen Kernfällen, wie ökonomische und kulturelle Abwertungserfahrungen je nach Statusverlauf und Ressourcen subjektiv erlebt und gedeutet werden. Zudem wird beleuchtet, welche reflexive gesellschaftliche Selbstverortung die Befragten mit Blick auf die sie abwertenden Statusgruppen und die hegemoniale Kultur vornehmen. Dabei lassen sich ein post-, ein anti- und ein nicht-hegemoniales Deutungs- und Verarbeitungsmuster des Zurückgelassenwerdens unterscheiden, mit dem jeweils eher konservative, konfliktäre oder alternativ-distanzierte gesellschaftspolitische Orientierungen einhergehen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Kartierung gesellschaftlicher Statuskämpfe den biographischen Statusverläufen und ihrer subjektiven Deutung konzeptionell und empirisch mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

In der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion über Prozesse der gesellschaftlichen Polarisierung und Bedrohung des sozialen Zusammenhalts, wie sie sich im Aufstieg des Rechtspopulismus, dem Erstarken nationalistischer Appelle oder einem Rückgang des Demokratievertrauens manifestieren, wird intensiv über die Rolle des sozialen Status als möglichem Erklärungsfaktor debattiert (Gidron und Hall 2017, 2020; Mutz 2018). Ein Kernargument lautet, dass insbesondere jene Bevölkerungskreise, die einen Verlust ihres sozialen Status erfahren haben, zu nationalistischen Orientierungen neigten, rechtspopulistische Parteien wählten oder sich von der Demokratie enttäuscht zeigten. Statusverluste können dabei in unterschiedlichen Bereichen auftreten und unterschiedliche Formen annehmen. Während die Modernisierungsverliererthese vor allem ökonomische Statuseinbußen infolge von Prozessen wirtschaftlichen Strukturwandels (Globalisierung, De-Industrialisierung) für die Arbeiterklassen und unteren Mittelschichten betont (Lengfeld 2017; Lux 2018; Sthamer 2018; Tutić und Hermanni 2018), verweist die „cultural backlash“-These auf kulturelle Statusverluste im Zuge des postmateriellen Wertewandels, auf den insbesondere Ältere und formal wenig gebildete Gesellschaftsmitglieder mit einer zunehmenden kulturellen Entfremdung reagierten (Inglehart und Norris 2016; Inglehart 2015).
Wurden die ökonomischen und kulturellen Statusdimensionen zunächst als konkurrierende Erklärungsfaktoren gesellschaftlicher Desintegrationsprozesse betrachtet, fokussiert sich die jüngere Literatur auf den subjektiven sozialen Status, um sowohl Erfahrungen der ökonomischen Deklassierung als auch Gefühle der kulturellen Abwertung konzeptuell zu integrieren (Ollivier 2000; Paalgard Flemmen et al. 2018; Ridgeway 2014). In der mit standardisierten quantitativen Methoden arbeitenden Forschung wird der subjektive soziale Status häufig anhand der Selbstverortung der Befragten in der gesellschaftlichen Hierarchie auf einer Oben-Unten-Skala gemessen (Gidron und Hall 2020; Kurer 2020). Inspiriert von qualitativen und ethnographischen Studien (Cramer 2016; Eribon 2016; Hochschild 2016), aus der diese Forschung wichtige Impulse bezieht, sollen hierdurch auch Empfindungen des „Zurückgelassenseins“ („feeling left behind“) sowie – in dynamischer Perspektive – relative Statusverluste bestimmter Bevölkerungsgruppen abgebildet werden. Wenngleich mit diesem Ansatz eine wichtige konzeptionelle und empirisch ertragreiche Erweiterung verbunden ist (Gidron und Hall 2017; Kurer 2020; Engler und Weisstanner 2021), bleibt dennoch fraglich, inwiefern mit diesen standardisierten Skalen die potenzielle Vielgestaltigkeit des subjektiven Statuserlebens adäquat abgebildet werden kann. So wird in der einschlägigen empirischen Forschung selten danach gefragt, wie sich der ökonomische und kulturelle Wandel in der Wahrnehmung und im Erleben des eigenen sozialen Status in der Gesellschaft überhaupt niederschlagen und welche Rolle ökonomische und kulturelle Statuskriterien hierbei spielen. Darüber hinaus werden zwar in Form von relativen Statusverlusten oder subjektiven Abstiegsängsten auch dynamische Aspekte des Statuserlebens berücksichtigt, doch die biographische Erfahrung und Bewertung vergangener Statusverläufe und deren Bedeutung für das eigene aktuelle Statuserleben geraten selten in den Blick.
Vor diesem Hintergrund legen wir in diesem qualitativ orientierten empirischen Beitrag eine exemplarische Kartografie sozialer Flugbahnen des „Zurückgelassenwerdens“ vor. Auf Basis von 90 biographisch-narrativen Interviews mit Personen aus unterschiedlichen beruflich-sozialen Statusgruppen, die wir in der ersten Welle einer qualitativen Panelerhebung durchgeführt haben, gingen wir der Frage nach, welche unterschiedlichen Formen des Statuserlebens mit Hilfe der in der Forschung inzwischen etablierten Metapher, sich „left behind“ bzw. „abgehängt“ zu fühlen (Hochschild 2016, S. 215; Reckwitz 2019, S. 106; Neugebauer 2007), eingefangen werden können. Damit schließen wir bewusst viele andere, positive Formen des Statuserlebens aus, die wir im Material ebenfalls gefunden haben, wie etwa die Eigenwahrnehmung als „Pionier*in des sozialen Wandels“ oder als „etablierte*r Leistungsträger*in“. Indem wir stattdessen die Granularität der Beobachtung des Phänomens „feeling left behind“ – der Empfindung des Zurückgelassenwerdens – erhöhen, wollen wir besser verstehen, worin der Kern dieser Form des Erlebens des eigenen Statusverlustes besteht, welche gesellschaftlichen Konfliktlinien sich innerhalb dieses biographischen Erfahrungsraumes zeigen und in welcher Beziehung sie zu den politischen Orientierungen der betroffenen Gesellschaftsmitglieder stehen. Dieses Vorhaben ist sowohl analytisch als auch methodisch auf eine dynamische Perspektive verwiesen und muss einen „Sinn für Zeitlichkeit“ (Hilmar 2021, S. 134) aufweisen: Wer sich zurückgelassen fühlt, hat sich zuvor einmal einer Gruppe, einem Diskurs oder einer Kultur zugehörig gefühlt, zu denen er oder sie nun den Anschluss zu verlieren droht oder bereits verloren hat. Die eigene Positionsbestimmung geschieht also nicht spontan und bloß gegenwartsbezogen, sondern erfolgt auf der Grundlage vergangener, sich aufschichtender Auf- und Abwertungserfahrungen, die wir als „Statustrajektorien“ bezeichnen.
Ziel des Beitrages ist es, ein besseres Verständnis davon zu erlangen, in welchen sozialen Lagen und vor dem Hintergrund welcher biographischen Statusverläufe das Motiv des Zurückgelassenwerdens als biographisch funktionales und gesellschaftspolitisch folgenreiches Muster der Selbstverortung zu beobachten ist. Da wir das Phänomen des „feeling left behind“ als eine bestimmte Form des als Zurücksetzung erlebten Statusverlaufs behandeln, werden wir im nachfolgenden Abschnitt 2.1 zunächst genauer die theoretische und analytische Perspektive darlegen, die wir mit Hilfe der Begriffe des Status und des Statusverlaufs einnehmen werden. Auf dieser Grundlage wenden wir uns in Abschnitt 2.2 den bereits vorliegenden empirischen Befunden zu Anerkennungs- und Abwertungserfahrungen zu, um daran anschließend – und nach Darlegung unseres methodischen Vorgehens (Abschn. 3) – anhand von drei Kernfällen aus unserem Sample drei in unserem empirischen Material vorfindbare Erlebnisformen und Deutungsmuster von Statustrajektorien kultureller und ökonomischer Abwertung vorzustellen, die sich unter der Empfindung bzw. dem Motiv des Zurückgelassenwerdens subsumieren lassen (Abschn. 4).

2 Theoretischer und konzeptioneller Rahmen

2.1 Gesellschaftlicher Wandel, sozialer Status und politische Orientierungen

Die gegenwärtigen gesellschaftlichen Polarisierungs- und Spaltungstendenzen werden vielfach auf materielle und symbolische „Statusschocks“ zurückgeführt, die unterschiedliche soziale Gruppen infolge ökonomischer und soziokultureller Wandlungsprozesse erlebt haben und erleben. Statusverluste in der ökonomischen Dimension ergeben sich laut der Modernisierungsverliererthese aus Prozessen des wirtschaftlichen Strukturwandels, so etwa der Globalisierung, De-Industrialisierung oder Tertiarisierung. Sie schlagen sich in Einkommensrückgängen, gestiegener Beschäftigungsunsicherheit, Arbeitsplatzverlusten oder subjektiven Abstiegsängsten nieder und betreffen besonders die Arbeiterklassen und die unteren Mittelschichten (Lengfeld 2017; Lux 2018; Sthamer 2018; Tutić und Hermanni 2018). Statuseinbußen in der kulturellen Dimension hingegen hängen laut der „cultural backlash“-These mit dem Aufstieg postmaterieller Werte wie Selbstverwirklichung, Umweltschutz, Multikulturalismus, Gleichstellung der Geschlechter und sexueller Vielfalt zusammen (Inglehart und Norris 2016). In diesem Kontext büße der an traditionellen Normalitätsvorstellungen orientierte Wertehorizont seine Vorherrschaft ein, wodurch sich insbesondere Ältere und Gesellschaftsmitglieder mit geringer Bildung nicht mehr im Einklang mit dem zeitgenössischen soziokulturellen Klima fühlten und mit „resentment, anger, and a sense of loss“ reagierten (ebd., S. 14; Inglehart 2015).
Bisweilen wurden ökonomische und kulturelle Statusverluste als konkurrierende Erklärungsfaktoren für den wachsenden Erfolg rechtspopulistischer Parteien betrachtet (Lengfeld und Dilger 2018). Aktuelle Forschungsansätze wollen hingegen mit dem Konzept des subjektiven sozialen Status sowohl Erfahrungen ökonomischer Deklassierung – etwa Einkommensverluste, Erwerbslosigkeit oder prekäre Erwerbssituationen – als auch Gefühle kultureller Abwertung – etwa aufgrund traditioneller Wertorientierungen – berücksichtigen (Gidron und Hall 2017, 2020). So definieren Gidron und Hall (2017, S. S61) den subjektiven sozialen Status „as the level of social respect or esteem people believe is accorded them within the social order. It reflects people’s own feelings about the levels of respect or recognition they receive relative to others in society.“ Sozialer Status wird hier verstanden als das subjektive Empfinden, gesellschaftliche Anerkennung und Respekt entgegengebracht zu bekommen. Gidron und Hall betonen, dass materielle und kulturelle Faktoren gleichermaßen als Grundlagen dieser Anerkennung zu verstehen sind: „subjective social status is likely to be conditioned both by material circumstances and by prevailing cultural beliefs about what is most valued in society“ (ebd., S. S62). Es handelt sich beim subjektiven sozialen Status zudem um eine relative Einschätzung, die auf einer Bewertung der eigenen Position im Vergleich mit Anderen innerhalb der Statusordnung einer Gesellschaft beruht.
Die Einschätzung des eigenen Status wird somit nicht im luftleeren Raum getroffen, sondern findet in sozialen Kontexten und auf Basis der eigenen sozialen Lage statt. Gidron und Hall (ebd., S. S61 f.) verweisen auf empirische Studien, denen zufolge Beruf, Bildung und Einkommen, aber auch die Lebenszufriedenheit den eigenen subjektiven sozialen Status beeinflussen. Die Menschen stützen sich also auf eine breite Bewertung der eigenen Lebenssituation, die sowohl objektive wie subjektive Faktoren umfasst.
Für die Erklärung der aktuellen gesellschaftlichen Spaltungen und Polarisierungen ist der subjektive soziale Status aber nicht nur als Empfinden der eigenen aktuellen Position in der Gesellschaft von Relevanz, sondern auch hinsichtlich der zeitlichen Veränderung dieser Position und der auf diese Position bezogenen Erwartungen. So sind es insbesondere die subjektiv befürchteten oder erhofften Statusdynamiken und -verläufe, die sich etwa in Form von Abstiegsängsten oder von Statusgewinnen auf die gesellschaftspolitischen Orientierungen und das politische Verhalten auswirken. Da sich die oben genannten gesellschaftlichen Wandlungsprozesse über einen längeren Zeitraum vollziehen, ist die Berücksichtigung einer erweiterten Zeitperspektive in der Analyse wichtig. Wir fokussieren deshalb im Folgenden nicht auf einzelne krisenhafte Ereignisse, die den sozialen Status kurzfristig und unmittelbar erschüttern können (Hilmar 2021), sondern auf die subjektive Erfahrung von „Statustrajektorien“ der Abwertung im Kontext langfristiger Transformationen der „sozialen Flugbahn“ (Bourdieu 2000, S. 57 ff.) einzelner Statusgruppen. Damit meinen wir längerfristige kollektive Auf- und Abstiegsprozesse von ganzen sozialen Gruppen sowohl mit Blick auf deren materielle Lebenschancen als auch hinsichtlich der ihnen und ihren Lebensformen entgegenbrachten Anerkennung (Lamont 2000; Sennett und Cobb 1972; Silva 2019). Derartige kollektive Auf- und Abstiege werden durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen auf der Makroebene getrieben, die sich dem Zugriff der einzelnen Gruppenangehörigen entziehen, wenngleich sie sich in individuellen biographischen Erfahrungen niederschlagen und durch je individuelle Praktiken reproduziert werden.
In diesem Sinne hat die sozialbiographisch angelegte Statusforschung (Meulemann 1999) beispielsweise deutlich gemacht, dass Statusinkonsistenzen (Lenski 1954; Neckel 1991) für die Individuen, aber auch für gesellschaftliche Gruppen handlungsrelevant werden, wenn diese ihre Lebensverläufe bewerten bzw. mit Lebensverläufen anderer Personen vergleichen. Zum einen spielt hier die Statuskarriere, das heißt z. B. die Kombination von eigener Ausbildung und erreichtem aktuellen Berufsstatus, zum anderen aber auch die intergenerationale Mobilitätsbiographie in Bezug auf die Herkunftsfamilie eine wesentliche Rolle. Beim subjektiven Erleben von Statustrajektorien, die ebenfalls sozialbiographische Statusinkonsistenzen beinhalten können, spielen die gesellschaftliche Selbstverortung, das Zukunftsbewusstsein, die Lebenszufriedenheit und insbesondere die Normalitäts- und Gerechtigkeitsvorstellungen eine große Rolle (Grimm 2016). Diese Faktoren sind allerdings nicht selten selbst im Wandel begriffen, und zwar sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene. So ändern sich z. B. die Vorstellungen darüber, welche Statuskombinationen als stimmig gelten und welche nicht. Um die Dynamik von Statusverläufen und deren subjektives Erleben einzufangen, lohnt sich daher ein biographischer Blick auf den sozialen Status, da die klassische Statusforschung eher Querschnittsbetrachtungen anstellt und eine relative Stabilität von kulturellen und ökonomischen Statuspositionen unterstellt (Becker und Zimmermann 1995).
Das Konzept der Trajektorie (Strauss 1993, S. 52 ff.) hilft dabei, den Fokus auf solche dynamischen Prozesse zu richten. Aus dieser Perspektive wird die Evaluation der eigenen Statusposition nicht immer wieder völlig neu vorgenommen, sondern findet kontinuierlich vor dem Hintergrund eines aufgeschichteten Erlebens des eigenen Statusverlaufs innerhalb der gesellschaftlichen Statusordnung statt. Trajektorien, so Strauss, sind zu verstehen als „the course of any experienced phenomenon as it evolves over time“ (ebd., S. 53), gleichzeitig aber auch als „the actions and interactions contributing to its evolution“ (ebd., S. 53 f.). Statustrajektorien enthalten also immer beides: eine Beschreibung der intendierten und nicht-intendierten Handlungsverläufe, die in die aktuell erfahrene Statusposition geführt haben, aber auch die subjektive Form, in der diese Trajektorie erlebt und gedeutet wird. Bei den in unserer empirischen Studie vorgestellten exemplarischen Statustrajektorien handelt es sich also nicht um zugeschriebene Trajektorien, die die befragten Personen als „auf der Höhe der Zeit“ oder als „abgehängt“ klassifizieren sollen, sondern vielmehr um Versuche einer Rekonstruktion der von den Befragten selbst subjektiv erlebten Statusverlaufsgeschichte (vgl. Holubek-Schaum 2021, S. 87 ff.).

2.2 Empirische Befunde zu Anerkennungs- und Abwertungserfahrungen

Welche Folgen sind nun mit der Einschätzung des eigenen sozialen Status für gesellschaftspolitische und zusammenhaltsrelevante Orientierungen verbunden? Bereits Theodor Geiger hatte in seiner Analyse der Reichstagswahlen vom September 1930 in der Weimarer Republik die These aufgestellt, dass drückende „Sorgen und Lebensangst“ die heterogenen Mittelstände zur Wahl der NSDAP getrieben haben (Geiger 1930, S. 648). Aktuelle ethnografische und qualitative Studien zu jenen sozialen Gruppen und Regionen, die besonders anfällig für Rechtspopulismus sind, haben Empfindungen des „Zurückgelassenwerdens“ in den Mittelpunkt der Erklärung populistischer Orientierungen gestellt (Cramer 2016; Eribon 2016; Hochschild 2016). Mit „feeling left behind“ wird das Gefühl bezeichnet, vom gesellschaftlichen Mainstream abgehängt und abgeschnitten zu sein; entsprechend fühlten sich die Betroffenen „relegated to vulnerable economic and social positions, increasingly alienated from the values prominent in elite discourse, and lacking the respect accorded full members of society“ (Gidron und Hall 2020, S. 1030). Diese Studien knüpfen damit an eine Literatur an, die Erfahrungen sozialer Ungleichheit in Form von Gefühlen der Missachtung, Herabwürdigung, Ungleichwertigkeit und des Nicht-dazu-Gehörens insbesondere in den unteren Schichten und Arbeiterklassen rekonstruiert hat (Sennett und Cobb 1972; Newman und Ellis 1999; Dubet 2009; Stewart et al. 2009; Dörre 2021; Newman 2008).
Inspiriert von dieser qualitativen Literatur haben sich quantitative Studien der Frage zugewendet, wie sich der subjektive soziale Status von Angehörigen der unteren Schichten und Arbeiterklassen über die Zeit entwickelt hat und in welchem Zusammenhang dies mit ihren politischen Orientierungen und ihrem politischen Verhalten steht. Operationalisiert wird der subjektive soziale Status in diesen Studien meist als Selbsteinordnung der Befragten auf einer 10-stufigen sozialen Leiter – der sogenannten „Oben-Unten-Skala“. Mit Blick auf die zeitliche Entwicklung dieser Selbsteinschätzungen von Angehörigen bestimmter Statusgruppen im Vergleich zu anderen Statusgruppen kommen quantitative Studien jedoch zu inkonsistenten Befunden. So finden Gidron und Hall auf der Basis repräsentativer, international vergleichender Umfragen, dass zwischen 1990 und 2014 die Einschätzung des eigenen subjektiven sozialen Status relativ zum mittleren Status in der Gesellschaft in vielen Ländern – wie z. B. Deutschland, Großbritannien, den Vereinigten Staaten, Schweden oder Polen – bei Männern ohne Hochschulbildung zurückgegangen ist (Gidron und Hall 2017, S. S74). Oesch und Vigna (2022) berichten dagegen in ihrer auf Daten des International Social Survey Programme beruhenden Untersuchung des subjektiven sozialen Status der Arbeiterklasse in acht westlichen Ländern zwischen 1987 und 2017, dass ungelernte Arbeiter*innen und die qualifizierte Facharbeiterschaft ihren subjektiven sozialen Status zwar am niedrigsten einschätzen, diese Bewertung über die Zeit jedoch sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ zur oberen Mittelklasse weitgehend konstant geblieben ist. Nolan und Weisstanner (2022) schließlich zeigen, dass in Deutschland der subjektive soziale Status von Angehörigen der Arbeiterklasse zwar nicht in absoluter, aber in relativer Hinsicht zurückgegangen ist, die Statuskluft gegenüber dem Rest der Bevölkerung also größer geworden ist. Diese inkonsistenten Befunde unterstreichen einerseits die Bedeutung der Differenzierung zwischen einer absoluten und einer relativen Betrachtung von subjektiven Statuseinbußen; sie verweisen aber auch auf die Grenzen einer eindimensionalen Messung des subjektiven Statusempfindens anhand einer einzigen Statusskala, die die konkreten Erscheinungsformen und die Vielgestaltigkeit des Statuserlebens nicht adäquat abbilden kann (Breyer 2023).
Bezüglich der Folgen des subjektiven sozialen Status für die gesellschaftspolitischen Einstellungen und das politische Verhalten zeigen standardisierte Erhebungen, dass Personen, die ihren subjektiven sozialen Status als niedrig einschätzen und das Gefühl haben, nicht ausreichend anerkannt zu werden, unzufriedener mit der Demokratie sind (Schneickert et al. 2019; Brülle und Spannagel 2023), in stärkerem Maße zu populistischen Einstellungen neigen (Steiner et al. 2022) und häufiger rechtspopulistische Parteien wählen (Gidron und Hall 2017, 2020; Sachweh 2020).
Wenngleich diese empirischen Studien wichtige Einsichten über die zeitliche Entwicklung des subjektiven Statusempfindens und seine Zusammenhänge mit politischen Orientierungen vermitteln, bieten sie doch ein relativ eingeschränktes Bild darüber, wie gesellschaftliche Hierarchien konkret von den Gesellschaftsmitgliedern wahrgenommen werden und sich in ihrem subjektiven Erleben niederschlagen. Qualitative Studien versprechen hier potenziell reichhaltigere und differenziertere Erkenntnisse.
Wie bereits oben erwähnt, wird in aktuellen ethnografischen und qualitativen Studien zunehmend auf das Motiv des Zurückgelassenwerdens als eine Erfahrung hingewiesen, in der kulturelle und ökonomische Dimensionen des Statusverlustes verquickt sind. Davon können ganze Regionen betroffen sein. Schmalz et al. (2021) sprechen etwa in ihrer ostthüringischen Regionalstudie mit Bezug auf das Konzept der Peripherisierung von Manfred Kühn von einem „mehrdimensionalen […] Prozess einer Abwertung und Degradierung einer sozialräumlichen Einheit im Vergleich zu anderen sozialräumlichen Einheiten“ (ebd., S. 29). Die dynamische Perspektive wird hier auf den Niedergang einer Region bezogen und nicht auf die Trajektorie des Statuserlebens der dort lebenden Menschen.
In einer Reihe von Arbeiten, die sich mit gesellschaftspolitischen Orientierungen der von Statusverlusten betroffenen Bevölkerungsgruppen auseinandersetzen, findet sich mitunter das Bild des hoffnungsvollen, aber vergeblichen „Stehens in der Warteschlange“, das als eine Variation des Motivs des Zurückgelassenwerdens verstanden werden kann. Kumkar identifiziert die Warteschlange, in der sich ständig andere Gruppen vordrängeln, als aussagekräftige Fokussierungsmetapher der enttäuschten Erwartungen und des Frustrationserlebens von Anhänger*innen der Tea-Party-Bewegung in den USA (Kumkar 2018, S. 112 ff.). Auch in Hochschilds Interviews mit US-amerikanischen Rechten spielt die, wie sie es nennt, „deep story“ des „waiting in line“ (2016, S. 136) und der „line cutters“ (ebd., S. 137) eine zentrale Rolle bei der Rekonstruktion des Statuserlebens der Tea-Party-Anhänger. Und auch Dörre (2020) hat den Begriff der Tiefengeschichte und das Bild von der Warteschlange übernommen, um das Statuserleben und die Frustration bei bundesdeutschen Lohnabhängigen anschaulich zu beschreiben. In allen drei Arbeiten wird das Bild verwendet, um zu verdeutlichen, dass es sich bei den Enttäuschten nicht um „Ausgeschlossene“ (Bude 2008) handelt, sondern um Bevölkerungsgruppen, die sich selbst als leistungsbereite Anwärter*innen eines soliden Wohlstands verstehen, aber sich um ihren als wohlverdient verstandenen Statusaufstieg betrogen wähnen. Die sozialstrukturell heterogenen biographischen Verarbeitungsmuster von Abwertungserfahrungen, die sich hinter dem Erleben des Zurückgelassenwerdens verbergen, lassen sich der Panel-Studie von Grimm (2016) zum subjektiven Statusinkonsistenzempfinden im Erwerbsverlauf entnehmen.
Diese Arbeiten haben unsere eigenen Analysen dafür sensibilisiert, dass es sich bei der Erfahrung des Zurückgelassenwerdens um ein relationales Phänomen handelt, wir also nicht nur in prekären sozialen Lagen nach dem Phänomen suchen sollten. Außerdem verweisen die Arbeiten darauf, dass sich die zeitliche Dimension, die in Betracht gezogen werden muss, nicht auf die vergangene Statustrajektorie beschränken lässt, sondern auch den Zukunftserwartungen und -hoffnungen Rechnung getragen werden muss.

3 Daten und Methoden

Die folgenden empirischen Analysen zu unterschiedlichen Formen des subjektiven Statusempfindens, die sich unter der Oberkategorie des „feeling left behind“ subsumieren lassen, beruhen auf biographisch-narrativen Interviews mit leitfadengestütztem Nachfrageteil, die im Rahmen der ersten Welle einer qualitativen Panel-Studie1 zu gruppenspezifischen Vorstellungen und Praktiken sozialen Zusammenhalts erhoben wurden. In den Jahren 2021 und 2022 haben wir 90 qualitative Interviews in fünf Schwerpunktregionen in Deutschland geführt. Die Befragten waren etwa zur Hälfte männlich bzw. weiblich, zwischen 19 und 76 Jahren alt, mehrheitlich weiß und wohnten etwa zu gleichen Teilen in urbanen und in ländlichen Regionen. Das Sample umfasst unterschiedliche Milieus und soziale Lagen. Angesichts dessen war es möglich, ganz verschiedene Arbeits- und Lebensrealitäten daraufhin zu untersuchen, ob und wenn ja welche Erfahrungen des Zurückgelassenwerdens sich über den biographischen Verlauf hinweg abgelagert haben.
Die Rekrutierung der Interviewten fand über institutionelle Gatekeeper (z. B. Wohlfahrtsverbände, Kulturzentren, Vereine), aber auch über Zeitungsannoncen, Newsletter und Internetanzeigen statt. Aufgrund der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Infektionsschutzmaßnahmen konnten die Interviews nicht wie geplant alle in Kopräsenz, also bei den Befragten zu Hause oder an einem öffentlichen Ort ihrer Wahl stattfinden. Mehr als die Hälfte der Interviews haben wir deshalb online geführt.
In der ersten Welle der Panel-Studie lag der Schwerpunkt auf der Biographie, der aktuellen Lebenssituation und der Lebensführung der Befragten. Am Beginn des ersten Teils des Interviews stand deshalb eine offene Frage nach der Lebensgeschichte. Nach dieser nicht unterbrochenen Eingangserzählung folgten immanente Nachfragen, um die angesprochenen Themenbereiche zu explorieren und zu vertiefen. Erst im zweiten Teil des Interviews wurde der thematische Verlauf stärker von den Interviewer*innen gelenkt. Zunächst, indem Narrationen zu bestimmten Lebensbereichen wie etwa Arbeit, Freizeit oder Finanzen provoziert wurden; gegen Ende des Interviews schließlich, indem konkrete Fragen gestellt wurden, die auf das Erleben des gesellschaftlichen Zusammenhalts zielten, etwa nach der Sorge um diesen Zusammenhalt, der subjektiven Schichtzugehörigkeit oder nach Konflikterfahrungen.
Die Auswertungsstrategie kombiniert Elemente der dokumentarischen Methode (Bohnsack 2013, 2017; Nohl 2017) und der fallrekonstruktiven Biographieforschung (Schütze 1983; Kraimer 2000). In einem ersten Schritt wurden die thematischen Verläufe der vollständig transkribierten Interviews identifiziert. Im zweiten Schritt wurden die biographischen Daten zum Statusverlauf notiert, um mit ihrer Hilfe erste Fallstrukturhypothesen zu gewinnen und im weiteren Verlauf der Untersuchung die erlebte und die erzählte Lebensgeschichte miteinander kontrastieren zu können (Rosenthal 2001). Auf dieser Grundlage wurden sodann zentrale Passagen des jeweiligen Interviews für vertiefende, reflektierende Interpretationen ausgewählt.
Über die rekonstruktive Methode werden subjektive Aspekte (Erfahrungen, Erleben, Verarbeitung) in den Mittelpunkt der Statusforschung gestellt und die Akteure und ihre Handlungen ins Zentrum gerückt. In Bezug auf die in diesem Artikel vorgestellten Analysen einzelner Fälle interessierten uns vor allem die subjektive Sicht der Befragten auf den eigenen sozialen Status und ob bzw. wie diesbezüglich Veränderungen im Zeitverlauf erlebt wurden. Die von uns verwendeten biographietheoretischen Ansätze (vgl. vor allem Rosenthal 2005) und Forschungsmethoden sollen das subjektive Statuserleben vor dem Hintergrund der individuellen Lebensgeschichte verdeutlichen. Darüber hinaus können auf diese Weise die Wertmaßstäbe, subjektiven Orientierungspunkte und Normalitätsvorstellungen der Befragten herausgearbeitet werden. Ganz im Sinne der subjektorientierten Soziologie (Bolte 1983) versteht die Biographieforschung die Befragten als handelnde Akteure, deren Deutungen und Handlungsmuster rekonstruiert werden, ohne dabei aus dem Blick zu verlieren, wie sich ihr soziales Umfeld, die gesellschaftlichen Gegebenheiten und die (hegemonialen) Diskurse wiederum auf ihre Deutungen und Handlungen und auf ihre Biographie auswirken. Es geht also darum, ausgehend von einer Fokussierung auf die konkret handelnden Personen systematisch das Wechselverhältnis von „Subjekt“ und sozialer „Struktur“ zu untersuchen.
Für den vorliegenden Beitrag galt es, bei der Auswahl der Fälle und relevanten Interviewpassagen ein möglichst weites, aber nicht völlig kriterienloses Verständnis davon zu entwickeln, woran man Erzählungen und Beschreibungen erkennt, in denen sich das Gefühl und das Wissen darüber dokumentiert, zurückgelassen worden zu sein. Wir haben uns vertieft mit solchen Fällen und Passagen auseinandergesetzt, in denen die Befragten explizit oder implizit davon erzählen, von Anderen mit Bezug auf ihre Lebensführung, ihre soziale Lage, ihre berufliche Tätigkeit bzw. ihren Erwerbsstatus, aber auch auf ihre kulturellen Wertvorstellungen, ihre Konsumgewohnheiten und ähnliches bewertet worden zu sein, oder in denen sie selbst solche Bewertungen mit Bezug auf konkrete Personen oder abstraktere Gruppen vornehmen. Die Passagen, die wir auf diese Weise für eine vertiefte Analyse ausgewählt haben, untersuchten wir im Zuge einer fallübergreifenden komparativen Analyse darauf, welches Wissen in ihnen über gesellschaftliche Statushierarchien, über Vorgänge und Folgen sozialer Anerkennung und Abwertung sowie über die eigene Statusflugbahn zum Ausdruck kommt.
Mit den Formen des Erlebens von Abwertungserfahrungen als Zurücksetzung durch Andere haben wir uns für ein spezifisches Phänomen interessiert, das in der Auswertung klar von anderen Erfahrungen und Deutungen persönlicher und beruflicher Krisen abgegrenzt werden muss. Erwerbsbiographische Auf- oder Abstiegsprozesse können zwar von den Befragten als Auf- oder Abwertungserfahrungen gelesen werden, sie müssen es aber nicht. Letzteres zeigte sich besonders in der Erzählung von intergenerationalen Mobilitätsprozessen. So finden sich unter unseren Interviewpartner*innen viele Befragte, die berichten, dass ihnen im Vergleich zur Statusposition ihrer Eltern ein Aufstieg geglückt sei. Sie haben höhere Bildungsabschlüsse erlangt, beziehen ein höheres Einkommen und sind vielleicht sogar in der Lage, ein Vermögen aufzubauen. Gleichzeitig finden sich auch Fälle eines intergenerationalen Abstiegs. Aber nur ein Teil der Befragten bringt diese erwerbsbiographischen Erfahrungen sinnhaft mit gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen in Verbindung, die die strukturelle Grundlage für intergenerationale Aufstiegsprozesse, aber auch den Rahmen für intragenerationale Statusverläufe bilden. Nicht wenige Befragte unseres Samples stellen dagegen kaum eine oder gar keine Verbindung zu gesellschaftlichen Wandlungsprozessen her. Ihre Ausführungen in den Interviews kreisen stattdessen um Fragen von persönlicher Leistung, Versagen, Schicksal, spezifischen Förderern oder persönlicher Missgunst und Feindschaft, bewegen sich also im Narrativ einer personalisierten Lebensgeschichte bzw. individuellen Biographie (zur biographischen Illusion vgl. Bourdieu 2000). Gleichwohl halten wir es mit Blick auf diese Befragten nicht für angemessen, ihre sehr biographisch bleibenden Sinngebungen einfach objektivierend zu übergehen, indem man ihnen z. B. allein anhand ihrer Erwerbsposition oder ihres Erwerbsverlaufs die Erfahrung von Auf- oder Abwertung zuschreibt. Insbesondere mit Blick auf Fragen der gewerkschaftlichen Organisation, der politischen Mobilisierung und der Wahrnehmung von überpersönlichen Intergruppenkonflikten macht es einen Unterschied, ob man die subjektive Erfahrung von Auf- und Abwertung durch Andere im Erwerbsleben tatsächlich selbst gemacht, sie auch wirklich als solche erlebt und gedeutet hat und sie zudem für eine gesellschaftlich relevante Erfahrung hält, die etwas mit der grundsätzlichen Verfasstheit der sozialen und politischen Ordnung zu tun hat. Wir konzentrieren uns in den folgenden Ausführungen daher auf drei Fälle, in denen eine reflexive gesellschaftliche Selbstverortung nicht nur von uns durch Nachfragen evoziert wurde, sondern bereits ein strukturierendes Merkmal der lebensgeschichtlichen Erzählung der Befragten darstellte, also ein Bestandteil ihrer eigenen subjektiven Sinngebung ihrer Erwerbsbiographie ist.

4 Ergebnisse

Im Auswertungsprozess der Interviews hat sich gezeigt, dass das Motiv des Zurückgelassenwerdens als ein Deutungsmuster verstanden werden kann, mit Hilfe dessen Befragte unterschiedliche Erfahrungsaufschichtungen im Zeitverlauf sinnhaft ordnen.2 Um faktische sozialstrukturelle Deprivationslagen zu adressieren, scheint uns der Begriff allerdings eher ungeeignet – hier stehen andere Konzepte wie das der Prekarität, der Armut oder der Marginalisierung zur Verfügung. Seine Leistungsfähigkeit zeigt das Motiv des Zurückgelassenwerdens dagegen dort, wo es darum geht, unterschiedliche Deutungen biographischer Erfahrungen vergleichbar zu machen und auf gesellschaftspolitische Konsequenzen hin zu befragen. Diese Erfahrungsprofile eint, dass die eigene Biographie als eine Trajektorie der gesellschaftlichen Abwertung gedeutet wird. Diese Abwertung ist in zweierlei Hinsicht ein kollektives Phänomen: man empfindet sich erstens nicht individuell als Person abgewertet, sondern als Teil eines größeren Kollektivs, das sich wahlweise über Lebensführungsmuster, soziale Lagen oder Wertorientierungen definiert, und zweitens geschieht die Abwertung auch nicht durch eine konkrete individuelle Person, sondern wird zum Beispiel als eine Abwertung durch eine größere Berufsgruppe, ein Milieu oder ein politisches Lager empfunden und gedeutet. Wie diese Aufzählung an Kollektivbegriffen bereits zeigt, herrscht bei den Befragten keinesfalls Einigkeit darüber, wie sich jene Gruppe charakterisieren lässt, die andere Gruppen zurückgelassen hat, und welche Gruppe anhand welcher Kriterien zurückgelassen bzw. abgewertet wurde. Zur Beschreibung dieses sozialen Vexierspiels hat sich im Prozess der Auswertung das Konzept der „kulturellen Hegemonie“ als fruchtbar erwiesen (Reckwitz 2020, S. 81 ff.). Es schärft den Blick für die Bedeutsamkeit gegenseitiger Beobachtung und empfundener gesellschaftlicher Mehrheitsverhältnisse. Wir verstehen kulturelle Hegemonie als die dominante Geltung bestimmter kognitiver, evaluativer oder normativer kultureller Orientierungen. Sie erwächst aus konformistischen Erwartungserwartungen: Ego geht davon aus, dass die meisten Anderen davon ausgehen, was gesellschaftlich gilt und also auch von ihm selbst erwartet wird. Ego kann, muss jedoch selbst nicht teilen, was er als geltende Mehrheitseinschätzung, als herrschende Meinung wahrnimmt. Er kann sich der Hegemonie der geltenden kulturellen Orientierungen mehr oder weniger stark entziehen, sie in Frage stellen oder durch anti-hegemoniale Praktiken herausfordern und zu verändern versuchen. Er muss dann aber damit rechnen, von jenen sanktioniert zu werden, die an den hegemonialen kulturellen Orientierungen festhalten.
Die spannungsvolle Selbstverortung in einer hegemonialen Ordnung spiegelt sich besonders in jenen Interviews unseres Samples wider, die Erfahrungen des Zurückgelassenwerdens thematisieren. Wir lehnen uns bei der nachfolgenden Charakterisierung von Formen des erlebten Zurückgelassenwerdens und des subjektiven Umganges mit gesellschaftlichen Be- und Abwertungserfahrungen an Reckwitz’ hegemonietheoretische Differenzierung von Lebensformen bzw. Subjektkulturen je nach ihrem kulturellen Stellenwert und Einfluss in der Gesellschaft an. Hegemoniale Subjektkulturen „betreiben eine relativ erfolgreiche […] Universalisierung und Institutionalisierung ihres Subjektmodells“ (ebd., S. 84). Sub-hegemoniale Subjektkulturen sind eine Stütze der dominanten Kultur, verarbeiten und modifizieren aber Elemente dieser Kultur „in unberechenbarer Weise“ (ebd.). Dagegen sind nicht-hegemoniale Formen der Lebensführung „durch verhältnismäßig autonome Codes und Praktiken strukturiert“ und „stellen einen alternativen kulturellen Mikrokosmos in relativer Distanz zur dominanten Kultur dar“ (ebd.). Sie stehen in mehr oder weniger großer friedlicher Koexistenz zu hegemonialen Formen der Lebensführung. Anti-hegemoniale Formen der Lebensführung schließlich „strukturieren sich über Praktiken, Codes und Subjektmodelle, die sich deutlich von denen der dominanten Kultur unterscheiden“ (ebd.) und unterscheiden wollen. Im Gegensatz zu den nicht-hegemonialen Subjektkulturen stehen sie in Konflikt und Konkurrenz zu hegemonialen Formen der Lebensführung und zielen darauf, diese abzulösen.
In Anlehnung an diese Hegemoniekonzeption und anhand der sozialen und der zeitlichen Verortung von Entwertungserfahrungen durch die Befragten konnten wir drei Typen ausmachen, die ihr Zurückgelassenwerden und ihr Verhältnis zur hegemonialen Kultur jeweils unterschiedlich erleben, deuten und verarbeiten:
  • die Post-Hegemonialen, die erst kürzlich den Anschluss verloren haben und dies für reversibel halten;
  • die Anti-Hegemonialen, die ihr Zurückgelassenwerden als einen offenen Konflikt mit den sie abwertenden Gruppen deuten;
  • die Nicht-Hegemonialen, die sich in ihrer Position als Zurückgelassene eingerichtet haben und teilweise auch ihren Stolz daraus beziehen.
Diese drei Typen wollen wir nachfolgend je anhand des biographischen Statusverlaufs eines besonders prägnanten Kernfalles detaillierter darstellen und diskutieren. Das erlaubt uns, den biographischen Funktionen des Deutungsmusters des Zurückgelassenwerdens genauer nachzuspüren und einen Überblick über typische Unterschiede beim subjektiven Umgang mit Abwertungserfahrungen und bei den daraus hervorgehenden gesellschaftspolitischen Orientierungen zu geben.

4.1 Rainer: Bedrohte Normalität

Zunächst wollen wir den Kernfall „Rainer“ darstellen, der dem Typus der Post-Hegemonialen zugeordnet werden kann, der sich in einem Prozess des allmählichen Zurückgelassenwerdens versteht. Rainer ist 69 Jahre alt und pensionierter Polizist, er lebt gemeinsam mit seiner Frau (einst Angestellte im öffentlichen Dienst) in einer westdeutschen Kleinstadt zur Miete. Das Ehepaar lebt von einer gemeinsamen monatlichen Rente von 4.000–5.000 Euro und ist finanziell abgesichert (Rücklagen: 100.000–150.000 Euro). Der 46-jährige Sohn arbeitet als Ingenieur. Rainer ist lokal verankert, hat nie außerhalb seines Bundeslandes gewohnt. In seiner Freizeit spielt er Fußball, geht gelegentlich wandern und ist in einem Kulturverein tätig. Kontinuität und Sicherheit spielen für ihn eine große Rolle, er schätzt sich selbst als pflichtbewussten Menschen ein.
Rainers biographischer und intergenerationaler Statusverlauf kann unter ökonomischen Gesichtspunkten als Aufstieg gelesen werden. Seine Mutter arbeitete als Putzkraft, sein Stiefvater unregelmäßig als Maurer. Sein Vater hatte die Familie verlassen, als Rainer noch sehr klein war. Geprägt wurde er durch seinen in der NS-Zeit bei der SS aktiven Großvater, der die Vaterrolle übernahm, und durch die Mitglieder des Schützenvereins (ebenfalls mit Wehrmacht-Hintergrund). Die Relevanz von Befehl und Gehorsam, von Hierarchie und Ordnung wurde ihm hierdurch gelehrt, was sich in seiner Arbeitsweise und Lebensführung manifestiert. Während seiner einkommenssichernden, kontinuierlichen Berufsbiographie als Polizist war er zudem in Institutionen tätig, in denen nach wie vor das Prinzip von Befehl und Gehorsam galt.
Obwohl er gegenüber seiner Mutter und seinem Stiefvater einen sozialen Aufstieg vollzogen hat, steht von Beginn des Interviews an nicht das Motiv des Aufstiegs im Zentrum, sondern das des Zurückgelassenwerdens. Sein Ziel war es, eine gewisse Respektabilität zu erlangen, die seiner Mutter verwehrt blieb, und ein „normales“ Leben zu führen. Hierzu hat er sich im Lebensverlauf immer wieder etablierten Normen und in seinen Augen feststehenden Konsensvorstellungen untergeordnet und sich seinen Platz in der Gesellschaft durch Anpassung und Konformität erkämpft. Die „Normalität“, wie er sie bisher als hegemonial empfunden hat, gerät seiner Ansicht nach jedoch in den letzten Jahren immer weiter ins Abseits. Recht früh im Interview kritisiert er aktuelle kulturelle bzw. wertorientierte gesellschaftliche Wandlungsprozesse und beschreibt, welche Auswirkungen diese auf sein eigenes Leben haben. Neuen sozialen Bewegungen wie der Klimaschutz- und der LGBTQIA+-Bewegung steht er kritisch gegenüber. Mit dieser Position sieht er sich inzwischen in der Minderheit:
Also ich lese jetzt immer mehr in den Umfragen, wer ist dafür, wer ist dagegen, bei diesem Thema, bei jenem. Bin ich öfters äh bei der 25-Prozent-Minderheit. Äh deshalb habe ich ja geschrieben, ob Sie einen alten, weißen (lachend) Mann gebrauchen können für Ihr Interview. Äh aber die Menschen gibt es halt auch, die äh manche Veränderungen nicht=nicht wollen in dem Sinn, ja.
Mit der Wendung „alter, weißer Mann“ übernimmt er ironisierend eine Fremdbezeichnung, die seinen Einstellungskomplex und seine Lebensführung kritisch bewertet und als überholt deutet. Rainer ist konservativ eingestellt und sieht sich als Verlierer eines kulturellen Wandels. Was dessen Protagonisten als Modernisierung und Liberalisierung willkommen heißen, stellt für ihn die Tyrannei einer Minderheit dar:
I: Wie nehmen Sie das gesellschaftliche Miteinander derzeit wahr?
B: Ja, sehr äh polarisiert. Es wird immer äh extremer (.), äh dass man auch Minderheitenmeinungen versucht, äh durchzusetzen und durchzudrücken, ja. Klar, das Klischee äh betrifft jetzt die Grünen natürlich vor/ vorrangig. Aber es sind sicher auch andere Parteien dabei, die meinen, ihre Meinung sei das allein Seligmachende, auch=auch Menschen oder Jugendgruppen. Jetzt nehmen wir diese Greta Thunberg oder Neu/ Neubauer oder Neugebauer, äh diese Klimaschutzaktivisten, äh die meinen, äh ihre Meinung, die sie jetzt irgendwoher sich zusammengefügt haben, die stimmt jetzt und die müssen wir jetzt durchsetzen, das ist das allein Seligmachende. Da wird sehr stark polarisiert. Und (..) das (.) stört mich schon ein bisschen.
Während Rainer sich in der Aussage oben noch in der Minderheit sieht, kritisiert er nun die Wortführer*innen der neuen sozialen Bewegungen als die eigentliche Minderheit. Im Interviewverlauf löst er diesen vermeintlichen Widerspruch selbst auf, indem er konstatiert, dass die Befürworter*innen des kulturellen Wandels schlicht „lauter“ seien, also medial und politisch präsenter, und sich dadurch eine Mehrheit nicht mehr traue, ihre „wahre Meinung“ zu sagen:
Aber in der Summe ist es immer noch so, dass man natürlich die Extreme bewusster wahrnimmt. Und das Normale als normal eigentlich gar nicht so registriert. Ja, das gab es auch schon immer, wird auch weiterhin so sein, ne, dass man vielleicht mehr drauf achtet auch, weil es auch äh medienmäßig mehr hochgezogen wird. (.) So die/ diese extremen Positionen. Und dann nimmt man das besser wahr. Und die achtzig Prozent Normalen, die sich gesellschaftlich nicht auseinanderdividieren lassen, die=die nimmt man gar nicht wahr, weil sie nicht auffallen. Ich hoffe, dass es so ist.
Deutlich wird hier allerdings auch, dass Rainer sich schlicht nicht mehr sicher ist, wie die Meinungsmehrheiten verteilt sind. Er „hofft“ zwar, dass sich die „Normalen“, zu denen er sich zählt, nicht auseinanderdividieren lassen, fühlt sich aber im hegemonialen Diskurs nicht mehr repräsentiert. Diese Deutung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse scheint anschlussfähig an eine Elitenkritik, nach der die numerische Mehrheitsmeinung von „lautstarken“ Wortführer*innen unterminiert werde. Dass diese Kritik relativ moderat bleibt, ist als Folge seiner vergleichsweise sicheren ökonomischen Position in der Mittelschicht und seines Lebensalters zu verstehen. Immer wieder beschreibt Rainer im Interview gesellschaftliche Entwicklungen, die ihn stören und die ihm das Gefühl geben, vom gesellschaftlichen Mainstream zurückgelassen zu werden, dennoch bleibt er relativ gelassen und hat das Gefühl, sein Leben „noch“ so führen zu können, wie er es möchte. Dies gipfelt in der Antwort „nach uns die Sintflut“, die er auf die Frage nach seinen Erwartungen für die Zukunft gibt. Rainer sieht den „Wohlstandsstaat“ Deutschland zwar gefährdet, wähnt sich selbst und seinen Sohn (der keine Kinder hat) aber in ökonomischer Sicherheit. Selbst wenn nun andere die Wortführerschaft übernehmen und alles aus seiner Sicht aus den Fugen gerät, wird dies seiner Meinung nach nicht so schnell passieren, dass sein sozialer Status oder der seines Sohnes ernsthaft gefährdet wären.
Das Motiv des zurückgelassenen „alten weißen Mannes“ kreist somit eher um eine Zukunftserwartung, die sich im Moment noch aus einer medialen und politischen Publikumsrolle speist. Die faktischen lokalen Integrationserfahrungen, von denen Rainer im Gesprächsverlauf auf Nachfrage berichtet, wollen sich diesem Deutungsmuster gleichwohl nicht recht fügen. Dazu passt auch, dass er das Zusammenleben in seiner Kleinstadt im Gegensatz zum Zusammenhalt auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene als positiv erlebt: „als ländlicher Raum, äh dann äh/ da funktioniert es noch eher. Ich könnte mir vorstellen, dass es an anderer Stelle kritischer ist vielleicht vom Auseinanderleben“. Die Probleme werden also eher andernorts imaginiert, als unmittelbar selbst erfahren. Lokal ist Rainer über (semi-)professionelle Rollen eingebunden, wobei er das ehrenamtliche Engagement – neben der Kirche – als zentrales Element des gesellschaftlichen Zusammenhalts versteht.
Da Rainer ökonomisch abgesichert und lokal multipel eingebunden ist, erstreckt sich in seinem Fall das Motiv des Zurückgelassenwerdens nur auf einen begrenzten Teil der sinnhaften Ordnung der eigenen Biographie, Lebensführung und sozialen Statusposition. Diese Deutung erlaubt es ihm, sich gleichermaßen als Vertreter der stillen Mehrheit und als illegitimerweise bevormundeter Vertreter eines vermeintlich geordneten Miteinanders zu präsentieren. Es ist dieser Standpunkt, aus dem heraus die politische Artikulation marginalisierter Gruppen ihm als Zumutung und Grenzüberschreitung erscheint:
Das sind immer diese äh Gendergeschichten, da diese sexuellen LSBTQ-Dings, äh alles okay. Darf jeder, kann jeder. Äh mich irritiert es nur oder stört es, wenn die das so mit der Fahne vor sich hertragen und sagen, hör=hör zu, ich bin anders und ich will als anderer respektiert werden und äh achtet bitte drauf, ich bin anders. Das brauche ich nicht, ja. Der soll sein Leben leben, der soll Bauingenieur sein oder (.) Lastwagenfahrer und dann egal was sein. Aber braucht mir es nicht aufzwängen, indem er das Allianzstadion mit Regenbogenfarben beleuchtet oder äh sonst überall die Regenbogenfahnen raushängt. Ich will da nicht bekehrt werden. Ja. Ich weiß, dass es das gibt, und der darf das machen. Aber ich will jetzt nicht mit der Nase draufgestoßen werden, du musst das akzeptieren. Da/ Das stört mich. Ja, diese/ das Missionarische, das stört mich. Ja. Und solange er sein Leben für sich lebt, soll er das machen.
Versteht man die Artikulation marginalisierter Positionen dagegen als ein Ringen um Gleichberechtigung, so muss das, was Rainer als allmähliches Zurückgelassenwerden deutet, vielmehr als ein Eingeholtwerden erscheinen. Die Funktion von Rainers Deutungsmuster liegt in der moralischen Legitimation der Verteidigung der eigenen, lange privilegierten Statusposition. Diese Interviewpassage im Besonderen und der Kernfall von Rainer im Allgemeinen stehen stellvertretend für eine Reihe von Gesprächen mit Personen, die aus ökonomisch vergleichbar abgesicherten Positionen heraus meinungsstarke Kritik am wahrgenommenen Wertewandel üben. Diese Interviewten fassen die Gesellschaft eher als statische Ordnung auf, die hierarchisch strukturiert ist und dadurch zusammengehalten wird, dass sich die Gesellschaftsmitglieder den geltenden, seit langem etablierten Normen und feststehenden Konsensvorstellungen unterordnen. Sie haben sich einen sozialen, kulturellen oder ökonomischen Aufstieg durch konformes Verhalten in ihrem Lebensverlauf erarbeitet und profitierten lange Zeit vom herrschenden hegemonialen Diskurs. Nun haben sie zumindest die Befürchtung, ihren sozialen Status durch gesellschaftliche Veränderungen verlieren zu können. Das Deutungsmuster der „bedrohten Normalität“ als einer besonderen Form der Reaktion auf das erlebte Zurückgelassenwerden findet sich eher bei konservativ eingestellten Personen, älteren Generationen sowie Befragten in ländlicheren Regionen.

4.2 Niko: Im Aufbegehren geeint

Anhand des Kernfalls „Niko“ wollen wir die Form des Erlebens des Zurückgelassenwerdens bei Anti-Hegemonialen nachzeichnen, also bei jenen Befragten, die sich in einem manifesten Konflikt und Statuskampf mit jenen Gruppen sehen, von denen sie sich abgewertet fühlen. Bei diesen Befragten herrschen starke ökonomische und kulturelle Abwertungserfahrungen vor, und sie erleben sich als gesellschaftlich entkoppelt.
Niko ist 38 Jahre alt und lebt mit seiner Frau und zwei Kleinkindern in einem Reihenhaus am Rande einer mittelgroßen ostdeutschen Stadt. Das Eigenheim ist noch mit ca. 60.000 Euro Schulden belastet. Nach einem Realschulabschluss absolviert er eine Ausbildung zum Koch, eine Zeit, die er als hochproblematisch erlebt und die von Alkoholmissbrauch und sehr schlechten Arbeitsbedingungen geprägt ist. Im Anschluss arbeitet er auf einem Schlachthof, für etwa zwei Jahre bei der Bundeswehr, als Koch in Saisonarbeit und als Leiharbeitnehmer. Zwischendurch ist er immer wieder erwerbslos und versucht erfolglos, sich aufgrund gesundheitlicher Probleme für berufsunfähig erklären zu lassen. Aufgrund der langen Arbeitszeiten, der starken körperlichen Belastung und der schlechten Bezahlung als Koch beginnt er, nebenbei als Altenpfleger zu arbeiten, und erhält nach mehreren gescheiterten Versuchen schließlich eine Umschulung zum Krankenpfleger. Auch hier wechselt er aufgrund wachsender Belastung und eines Konflikts mit dem Chef in ein anderes Krankenhaus, was für ihn erstmals eine Konsolidierung darstellt. Er bekommt mit seiner Ehefrau, die im öffentlichen Dienst arbeitet, zwei Kinder. Niko hat also eine deutlich prekärere Berufslaufbahn als Rainer. Das Geld, so berichtet er, sei so gut wie immer knapp gewesen. Oft geht er mit 950 Euro nach Hause und arbeitet „12–14 Stunden“.
Niko war noch nie in einem Verein, einem Verband oder einer Initiative engagiert: „aufgrund von Zeitmangel, Schichtarbeit und so weiter. Vereine nicht. Wie gesagt, Frühschicht, Nachtschicht. Wenn man dann nur alle zwei Wochen irgendwo mitmischen kann, ist der Anschluss auch nie wirklich da, und da habe ich mit sowas nie angefangen.“ Seine unregelmäßige Freizeit verbringt er stattdessen mit Computerspielen und in den sozialen Medien. Zum Zeitpunkt des Interviews nimmt er jedoch seit einigen Wochen an den „Montagsspaziergängen“ in seiner Stadt teil: den teils unangemeldeten Demonstrationen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie. Niko ist im Interview bemüht klarzustellen, dass das „nicht alles Nazis und Rechte“ seien, sondern „Verkäufer, Verkäuferinnen, Rentner äh, die einfach nicht mehr können“, an diesen Veranstaltungen teilnähmen, und übergeht damit die Rolle, die diese Demonstrationen im Rahmen der „rechten Mobilisierungen“ (Begrich 2022, S. 12) insbesondere in Ostdeutschland spielen. Für Niko sind diese Treffen nicht nur Foren politischer Selbstwirksamkeit, sondern insbesondere auch Orte des „sozialen Miteinanders“ und der Vergemeinschaftung im Zeichen geteilter Orientierungen:
Ich wüsste nicht, dass sich hier in dieser Stadt für ein Thema, für ein Problem, egal wann, wo, sich so viele Leute zusammengefunden hätten. […] Man unterhält sich da tatsächlich mit Leuten, von denen man nie gedacht hätte, dass man sich mit denen mal unterhalten würde. […] Ansonsten, wie gesagt, wüsste ich nicht, wo im normalen Alltag, wo soziales Miteinander stattfindet.
Die eigene Teilnahme an diesen Demonstrationen wird im Interview erst nach zwei Stunden sehr beiläufig erwähnt. Das bis dahin eng an der privaten und beruflichen Biographie orientierte Gespräch nimmt von diesem Moment eine deutliche Wendung. Niko wendet sich gegen die Klimaschutzpolitik, äußert ethno-nationalistische Ansichten, zeigt Ressentiments gegen Zuwanderung und zweifelt die Legitimität der letzten Bundestagswahl an. Nicht nur im Gespräch, sondern auch in seiner Biographie scheinen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie und die politische Protest-Mobilisierung gegen diese Maßnahmen als Katalysatoren zu einer Positionierung zu fungieren, die er selbst mit ironischem Unterton als „Rechtspopulismus“ kennzeichnet. Die Verwerfungen und Ungerechtigkeiten, die er in seiner beruflichen Karriere erfährt, verhandelt er über lange Strecken seines Lebens als individuelle Widerfahrnisse. Wenn er sich ausgeliefert fühlte, reagierte er darauf in der Regel mit einem Wechsel der (Ausbildungs‑)Stelle (in der Kochausbildung, in der Saisonarbeit, als Altenpfleger) oder in Form des stillen Ausharrens (bei schlechten Erfahrungen mit der Arbeitsagentur). Die als willkürlich empfundenen Regelungen des Infektionsschutzes, die seine Arbeit als Krankenpfleger massiv beeinflusst haben, scheinen für ihn jedoch insofern einen Wendepunkt darzustellen, als er seinen Unmut nun als kollektive Gefühlslage deuten kann. Die Ausbeutung durch hierarchisch Übergeordnete in Politik und Wirtschaft, so sein Erleben innerhalb der Protestbewegung, ist eine Erfahrung, die „Pflegekräfte, Kita-Erzieher, wie gesagt, Verkäufer, ganz normale Leute“ teilen.
In den Argumentationen, die den zweiten Teil des Interviews bestimmen, gerinnt die Frontstellung zwischen der urbanen Elite in Politik, Medien und Wissenschaften auf der einen Seite und jenen „ganz normalen Leuten“, zu denen auch er sich zählt, auf der anderen Seite zum zentralen Deutungsmotiv. Die Polarisierung wird von ihm verbal so zugespitzt, dass man seine Deutung des Statuskampfes als anti-hegemonial bezeichnen kann: Mithilfe des Motivs des Zurückgelassenwerdens werden von ihm langfristige, ökonomisch folgenreiche und mehrdimensionale Erfahrungen von Abwertung und Ausbeutung als Ausdruck eines fundamentalen Gegensatzes zu einer abgehobenen Elite gedeutet. Sichtbar wird dabei auch, dass Niko durchaus einen starken gesellschaftlichen Konformitätsdruck spürt und er seine eigene Position legitimieren muss. Das lässt sich exemplarisch anhand von zwei Motiven zeigen, die in seinen Ausführungen auftauchen: den verschlossenen Aufstiegskanälen und den geschlossenen Lebenswelten.
Niko, der sich selbst unumwunden als „Arbeiter“ verortet, beobachtet zum einen eine Aussetzung des Leistungsprinzips für die urbanen Eliten:
Wie soll ich denn meinem Sohn erklären, dass er in die Kita muss, dass er in die Schule muss, damit er vernünftig lernt. Warum? Wenn man so ein Dummbrot da hat [gemeint ist die Außenministerin Annalena Baerbock, d. Verf.], die noch nie irgendwas gemacht hat, die auf einmal so ein wichtiges Amt bekleidet, das ist für mich unbegreiflich. Wie soll ich denn meinem Sohn das Leistungsprinzip vermitteln? „Lern ordentlich, damit du mal was Gutes werden kannst.“ Ne, kannste nicht lernen. Ich hab zwei Ausbildungen gemacht, ich kann gar nicht in die Politik, ich bin ja völlig überqualifiziert.
Die Form der Kritik wird von der eigenen erwerbsbiographischen Erfahrung her bestimmt. Die extensive Erwerbstätigkeit wurde nicht durch einen Statusaufstieg belohnt. Das Motiv von den „korrupten Eliten“ fällt daher bei Niko auf einen fruchtbaren Boden: Das Leistungsprinzip, das in der Sozialisation von Niko einen wichtigen Stellenwert eingenommen hat, scheint an beiden Polen der Statushierarchie ausgesetzt zu sein: Leistung ohne Status hier, Status ohne Leistung dort. So musste Niko sieben Jahre lang warten, bis ihm die Umschulung zum Krankenpfleger gewährt wurde, obwohl er bereits faktisch in dem Beruf arbeitete. Umso unverständlicher ist es für ihn, dass gewählte Vertreter*innen in der Politik nicht den gleichen formellen Anforderungen zu entsprechen scheinen müssen: „Ein Gesundheitsminister sollte vielleicht was mit Gesundheit zu tun haben, ein Bildungsminister vielleicht mal Lehrer gewesen sein, ein Verteidigungsminister vielleicht mal Soldat gewesen sein.“ Dass die Regeln des sozialen Aufstiegs unverständlich sind, verfestigt sich bei Niko zur Annahme mutwillig verschlossener Statusaufstiegskanäle.
Zum anderen greift Niko auf das Motiv geschlossener Lebenswelten zurück. Seine Kritik richtet sich nicht auf einzelne Entscheidungen oder Personen. Er beobachtet vielmehr ein scheinbar geschlossenes System der Reproduktion von Eliten in den Medien, der Politik und der Wissenschaft. In verschiedenen Passagen unterstellt Niko bewusste Macht- und Statuskalküle, etwa wenn er den Verdacht äußert, die Ausgangssperren im Zuge der Infektionsmaßnahmen hätten auf eine „Enteignung“ gezielt, indem man „die Menschen mutwillig zum Verkauf [ihrer Geschäfte] scheinbar zu zwingen“ versuchte. Die Ausführungen sind aber ebenso stark von dem Eindruck durchzogen, die Eliten lebten in geschlossenen Lebenswelten, in denen sie kein Verständnis für andere Bevölkerungsgruppen aufbringen könnten:
Meiner Meinung nach wird die Sache entschieden, nichts für ungut, aber von Studenten, die in der großen Stadt wohnen. Die haben wahrscheinlich einen gut ausgebauten Personennahverkehr, kriegen ihr Geld von irgendwo. Meines Erachtens von Leuten, die noch nie berufstätig waren. Ansonsten kann ich mir so ne Politik nicht erklären. Von Leuten, die einfach überhaupt keine Ahnung haben von dem, was sie beschließen. Die aus einer Emotion und Nicht-Wissen heraus entscheiden.
Insbesondere bei Nikos Bewertung der Fridays-for-Future-Bewegung zeigt sich seine Geringschätzung des Reflexionsgrades der Eliten: „Die Kinder wurden von den Schulen indoktriniert. Wer sitzt denn in, wer sind die Lehrer? Die ehemaligen Studenten. Ja und das zieht sich halt so durch.“ Die Polarisierung zwischen den Statusgruppen werde immer stärker, da auch die hegemoniale Gruppe von den bestehenden Ungleichheiten geformt werde und diese teils unwissentlich reproduziere. Niko sieht sich aber nicht nur um seine Status- und Lebenschancen gebracht, sondern auch um die Möglichkeit seiner freien Meinungsäußerung:
Natürlich, als Deutscher immer öfter, ja. Da ich halt arbeite und meine Ansichten so habe, wie ich sie habe. Ich möchte halt von meinem Geld gut leben können. Ich möchte mein Geld für mich und meine Familie haben, ausgeben. […] Und mit dieser Meinung alleine kommt einem natürlich schon viel Intoleranz entgegen. Man sollte die Meinung auch lieber nicht laut äußern, ansonsten kann man schneller seinen Job los sein als einem lieb ist. Und es ist halt bei vielen Sachen so, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt.
Auf Nachfrage kann Niko allerdings von keiner Situation berichten, in der ihm faktisch intolerant begegnet wurde. Seine Einschätzung speist sich eher aus dem Gefühl, dass die Personen, die qua ihrer Position Macht über seine Berufschancen haben, geschlossen anderer politischer Meinung seien und ihn im Zweifel bei einem nonkonformen Verhalten sanktionieren würden:
Man versucht diese Meinung halt, äußert sie in einem Rahmen, wo man weiß: Okay, hier drohen einem keine Sanktionen. Aber angenommen, ich würd sie im Internet posten oder so, dann müsste ich halt Angst haben, wenn mein Arbeitgeber oder irgendwer sowas sieht. Der Arbeitgeber ist halt eine ganz andere Schicht. Nicht der Arbeiter, sondern der Arbeitgeber. Bisschen wohlhabender, und der will natürlich das Maximum aus dem Arbeitsnehmer rausholen und hat da natürlich eine ganz andere politische Einstellung. Und da könnte man dann doch echt schnell/ Darum passt man dann lieber auf, wo man seine Meinung kundtut.
Die Argumentation weist noch einmal auf die enge Verquickung zwischen Erwerbserfahrung und Statuserleben bei Niko hin: Er befürchtet nicht irgendeine Konsequenz, sondern den Verlust seiner statussichernden Erwerbsarbeit. Die Sorge um den Arbeitsplatz reiht sich ein in seine bisherige prekäre Statustrajektorie und die immer wieder durchlebte und sedimentierte Erfahrung, der Willkür des Arbeitgebers ausgeliefert zu sein. Und diese Sorge färbt auch auf die von ihm als persönlich riskant eingeschätzte Äußerung seiner politischen Einstellungen ab, weil er sich nicht bloß in einer niedrigeren, sondern in einer machtunterworfenen Statusposition wahrnimmt.
In Nikos Statuserleben vermischen sich Aspekte seiner langfristigen Statusflugbahn mit unmittelbar erlebten Statusschocks. Im Interviewverlauf stellen die Erfahrungen der Infektionsschutzmaßnahmen rund um die COVID-19-Pandemie einen Rahmen dafür dar, das aufgeschichtete biographische Erleben umzudeuten. Was lange Zeit als persönliche Widerfahrnis erlitten wurde, bildet nun die Basis des Erlebens einer kollektiven Selbstermächtigung. Ähnlich wie Rainer sieht sich Niko nach dieser reflexiven Wende als Teil einer „stummen Mehrheit“, der die Anerkennung ihrer Lebensführung von einer illegitimen Elite verwehrt wird. Anders als Rainer jedoch hat Niko nicht einfach nur kulturell „den Anschluss verloren“ – ein eher graduelles Phänomen, bei dem man einander immer noch ähnliche und grundsätzlich verständliche Orientierungen unterstellt und das auch reversibel scheint. Er sieht sich vielmehr in Konflikten, hinter denen handfeste Machtinteressen und Verteilungskämpfe stehen, in denen er nicht „übersehen“, sondern gezielt ausgebeutet wird. Vor diesem Hintergrund ist seine konfrontativere und gewaltvollere Deutung der eigenen Statusposition zu verstehen, die zu einer anti-hegemonialen Haltung gegenüber „denen da Oben“ gerinnt. Die antidemokratischen Radikalisierungsprozesse, die sich im Interview mit Niko abzeichnen, können als Resultat eines kollektiven Meinungsbildungsprozesses gelesen werden, der sich um ein geteiltes Ausbeutungserleben formiert, dessen politische Ausdeutung zunächst grundsätzlich offen scheint (vgl. Beck und Westheuser 2022).
Das Deutungsmuster „im Aufbegehren geeint“ des erlebten Zurückgelassenwerdens erfüllt im Kernfall „Niko“ die biographische Funktion, wiederholte Scheiterns- und Ausbeutungserfahrungen als kollektive Widerfahrnisse einer herrschaftsunterworfenen Gruppe zu rahmen. Das ist sicherlich kein notwendiges Element für die Deutung des Erlebens des Zurückgelassenwerdens. Es erscheint uns aber dennoch typisch für jene Befragten, deren Abwertungserfahrungen nicht nur kultureller, sondern vor allem auch ökonomischer und institutioneller Art sind. Niko steht stellvertretend für eine Reihe von Gesprächen mit Personen, die über lange Zeit dem gesellschaftlichen Konformitätsdruck, der ihnen von Interaktionspartner*innen, gesellschaftlichen Institutionen und wirtschaftlichen Organisationen auferlegt wird, nicht entsprechen (können) und mittlerweile mit Opposition oder Protest auf diesen dauerhaften Anpassungsdruck reagieren. Zu den prägenden Erfahrungen, welche diese Interviewten gemacht haben und aufgrund ihrer sozialstrukturellen Verortung am unteren Ende der Statushierarchie weiterhin machen, gehören sowohl Erfahrungen des wachsenden eigenen Misstrauens in Reaktion auf Enttäuschungen von Erwartungen, die sie Anderen gegenüber gehegt haben, als auch Erfahrungen des erlebten Misstrauens, das ihnen von Anderen entgegengebracht wurde und wird. Prekarität und Unsicherheit in existenziellen Bereichen wie Erwerbsarbeit, Wohnen oder Aufenthaltsrecht sowie in Fragen der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, zur Familie oder zu anderen sozialen Gruppen prägen ihre Lebenswege.

4.3 Karen: Einrichten im Abseits

Der Kernfall „Karen“ steht schließlich stellvertretend für eine Form des Erlebens des Zurückgelassenwerdens und des reflexiven Umganges damit, die nicht-hegemoniale Züge aufweist. Die Befragten fühlen sich zwar durchaus von einer als dominant erfahrenen Gruppe abgewertet. Allerdings kämpfen sie nicht gegen deren Hegemonie an, sondern sie machen sich alternative Statuskriterien zu eigen, was sie wiederum teilweise subjektiv als kulturelle Aufwertung oder zumindest als kulturellen Statuserhalt erleben.
Karen wurde 1960 als Tochter eines Schauspielers und einer Dozentin in den Kulturwissenschaften in der DDR geboren. Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Kulturwissenschaften beginnt sie eine Tätigkeit in Berlin in der Öffentlichkeitsarbeit in einem Kulturbetrieb. Diese Anstellung, mit der sie an die Statusposition der Eltern anschließen konnte, verliert sie im Zuge der Wiedervereinigung. Ihr soziales Netzwerk bricht durch zahlreiche Wegzüge auseinander, und sie findet keine statuserhaltende Anschlussstelle. Sie entschließt sich, zusammen mit ihren beiden Kindern in ein eigenes Haus auf dem Land zu ziehen. Ihr Ehemann begleitet sie zwar, ist jedoch nahezu durchgehend abwesend, um seiner eigenen Tätigkeit im Kulturbereich nachzugehen. In den folgenden Jahren ist Karen in wechselnden prekären Stellen als ungelernte Fotografin für Tageszeitungen und kleinere Betriebe sowie als Kuratorin in einer Kultureinrichtung tätig, immer wieder unterbrochen von langen Phasen der Erwerbslosigkeit. Zum Zeitpunkt des Interviews ist Karen geschieden und lebt allein in dem Haus. Sie bezieht 950 Euro Erwerbsminderungsrente.
Ein zentrales Motiv in Karens Präsentation ist die Bearbeitung ihrer erwerbsbiographischen Statusinkonsistenz und ihrer ökonomischen Abwertung. Obwohl sie mit ihrem Hochschulabschluss im Begriff ist, die Statusposition der Eltern zu reproduzieren, erfährt sie die Wiedervereinigung als biographischen Wendepunkt, der zu einer Entwertung ihres Bildungskapitals führt, da „man mit einem DDR-Abschluss in Kulturwissenschaft nicht weit kommt“. Das hat nicht nur Folgen für die ökonomischen Lebenschancen, sondern auch für die kulturelle Anerkennungsdimension. Sie verliert ihre Arbeitsstelle im Kulturbetrieb, und auch das „fabelhafte Jahr der Anarchie“ (Kubiczek 2014), in dem Karen mit ihren Bekannten in den Wirren der „Wendejahre“ Wohnungen in Ost-Berlin besetzt und „eben einfach gemacht“ hat, endet, als die „Wohnungen irgendwie zu teuer“ wurden und sie merkt, dass ihr „halber Freundeskreis jetzt vorhat wegzugehen“. An den Umzug in ein sehr ländliches Gebiet schließt sich ein prekärer, diskontinuierlicher Erwerbsverlauf an:
Das waren immer begrenzte Stellen. Entweder ich habe mich freiberuflich gemeldet oder die Stellen hießen ABM, LKZ und so weiter. Die Stellen hießen irgendwie immer anders, es gab keine Festanstellung für mich mehr seit der Wende. Also es war entweder freiberuflich, arbeitslos, arbeitsuchend, Hartz IV oder LKZ, SAM, ABM, was weiß ich, wie das alles hieß. Ich habe das ganze Spektrum sozusagen durcherlebt, bis jetzt zur Rente.
Die besondere Art ihres Umgangs mit dieser Statusinkonsistenzerfahrung äußert sich im Interview insbesondere im unerschütterlichen Beharren auf hochkulturelle Neigungen und Kenntnisse. Karen betont, sie liebe Filme, Theater, Bücher. Für die Kinder sei ihr wichtig gewesen, dass diese eine „musische Grundausbildung“ erhielten und sich mit „Klavier und Gesang und Cello“ auseinandersetzen. Kultur, so wiederholt Karen mehrmals, sei ihr „Lebensmittel“. In dieser Metapher ist bereits die Erfahrung abgetragen, dass es der Familie an den eigentlichen Lebensmitteln in der Tat mangelte und Karen in diesen Zeiten an ihre Kinder appelliert habe: „Wenn im Kühlschrank zu viel Luft ist, dann setzt euch mit einem Buch davor.“ Auf die Frage, ob sie sich einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht zugehörig fühle, antwortet Karen:
Ich bin ein Kulturschaffender. Ich bin ein gutgelaunter Kulturschaffender. Ein/ Absolut ein Optimist. Also bei jemanden, der das/ Bei mir ist immer das Glas halbvoll. Ich habe eine positive Weltsicht sozusagen, also auch auf die Gesellschaft, auch auf die (unverständlich) das, in der ich mich befinde. Aber ich habe Verständnis für alle, die sich in der gleichen Situation anders fühlen oder schlechter fühlen. Ich habe einfach Glück, dass ich so/ die Welt so sehen kann. Und=und mich nicht äh diese scheinbare soziale Zugehörigkeit nicht äh im Kopf und im Herzen, also kulturell unterkriegen lasse.
In dieser Passage wird deutlich, dass die eigenen kulturellen Fertigkeiten, Praktiken und Kenntnisse zur Kompensation ökonomischer Deprivationserfahrungen in Stellung gebracht werden. Dass es sich dabei nicht nur um eine situative Positionierung handelt, sondern um eine zentrale Orientierung der Lebensführung, zeigt sich in ihren Schilderungen zu ihrer Alltagsgestaltung und ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten. Sie berichtet, wie sie neben ihrer Erwerbstätigkeit ehrenamtlich als Filmvorführerin tätig war und ein Filmstudio gegründet hat. Sie war ebenfalls an der Gründung eines Kulturvereins beteiligt, der Kunstauktionen abhält und Konzerte veranstaltet.
Wiederholte Referenzen auf ihren kulturell erlesenen Geschmack stellen eine Statusdemonstration dar, die als Gegenwehr gegen den ökonomischen Statusabstieg verstanden werden kann. Mit der Wiedervereinigung setzt in Karens Augen ein Siegeszug der Kapitalinteressen ein, der auch ihren eigenen Statusabstieg einläutet: „Das ist einfach eine Annektierung gewesen, einfach eine Inbesitznahme von irgendwas, wo man nicht geguckt hat, und jetzt hat man den Salat.“ So wie Karen geographisch vom Zentrum an die Peripherie zieht, empfindet sie sich und ihre Lebensrealität an den Rand gedrängt. Sie sei „nicht der repräsentative Durchschnitt“, sieht ihre Situation bei politischen Entscheidungen nicht beachtet:
Nein, die haben gar nichts (lacht)/ gar nichts im Blick. (.) Nein, die=die=die/ Also wenn wir denn bei dieser Rente oder bei diesen sozialen Sachen bleiben, da muss ich einfach sagen, dass die Politik das natürlich gar nicht im Blick hat. Äh gar nicht. Das ist Quatsch.
Im Gegensatz zur anti-hegemonialen Spielart des Abgrenzungsmotivs zur Politik geht es Karen allerdings nicht in erster Linie darum, die politischen Eliten zu bekämpfen oder zu ersetzen. Zwar finden sich in dem Gespräch auch politische Forderungen, etwa die Befürwortung eines Grundeinkommens („Ich bin auf jeden Fall dafür, dass man Leute mit Geld oder mit äh Sozialgeldern nicht erpresst.“). Den sehr viel größeren Raum im Gespräch und in den Praktiken der Lebensführung nehmen aber der Aufbau und die Pflege eigener alternativer Strukturen mit Gleichgesinnten ein. In ihren politischen Ausführungen über die „unwürdige Situation“ von Personen in Sozialhilfebezügen bringt sie auch die Erfahrung ihrer eigenen Statusinkonsistenz am Beispiel ihrer Rente auf den Punkt: „Das finde ich, dürfte man, gemessen an dem, was ich ja tatsächlich auch gearbeitet und geleistet habe, dürfte man nicht so berechnen.“ Hier zeigt sich deutlich, dass sich Karen alternative Kriterien sozialer Anerkennung aufgebaut hat. In ihrer Eliten- und Leistungskritik zeigen sich zwar Überschneidungen zur politischen Einstellung Nikos. Karens Position ist aber linker, strukturfokussierter und weniger gewaltsam. Rechtspopulistische Positionen in Ostdeutschland versteht sie als Reaktion auf die Erfahrung, dass man „falsche Versprechungen gemacht hat“, und folglich als einen Versuch, „eben ihren Frust abzuleiten sozusagen“. Karen distanziert sich deutlich von diesen Positionen; unverkennbar zeigt aber auch sie Frustrationserfahrungen, die politisch weiter ausbeutbar scheinen. Die soziale und politische Inklusions- und Gemeinschaftsorientierung, die Karens Einstellungsprofil kennzeichnet, steht außerdem in einem spannungsvollen Verhältnis zu ihren hochkulturellen Ansprüchen. Sie fordert zwar breitere kulturelle Partizipationsmöglichkeiten ein – auch alleinerziehende Mütter sollten sich regelmäßige Theaterbesuche leisten können –, ihre Ausführungen machen aber deutlich, dass sie nur einen traditionellen, europäisch geprägten hochkulturellen Kanon als Kultur gelten lässt. Nicht nur die Populärkultur spielt bei ihr keine Rolle, es bleibt auch unklar, wie der praktische Anschluss an migrantische Kulturtraditionen aussehen kann, deren Ausbreitung sie sich durchaus wünscht. Karen zeigt sich offen gegenüber Immigration, da es „dem Land natürlich auch gut“ bekäme, wenn es „einfach von einer anderen Kultur beackert werden würde“. Auch hinsichtlich der Anerkennung von Diversität ist Karen positiv eingestellt. Dass ihre Tochter in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt, erwähnt sie nebenbei; einen Konflikt deswegen habe es nicht gegeben.
Der Kernfall „Karen“ steht stellvertretend für eine Reihe von Gesprächen, in denen zwar das Motiv des gefühlten Zurückgelassenwerdens ähnlich wie bei Niko auf ökonomische Abwertungserfahrungen zurückgeht, aber in denen die Befragten nicht auf einen konfrontativen Statuskampf zielen, sondern auf die Etablierung und Bewahrung alternativer, zumeist kultureller und sozialer Anerkennungskriterien. Ihr Deutungs- und Bewältigungsmuster des Zurückgelassenwerdens lässt sich umschreiben als „im Abseits einrichten“. Die Interviewten scheinen einem Bild der Gesellschaft anzuhängen, das sich aus homogenen Enklaven Gleichgesinnter zusammensetzt, die gleichberechtigt, aber relativ unverbunden nebeneinanderher leben und je für sich separate Inseln der Konformität bilden. Häufig fällt es ihnen weniger schwer, ihre ökonomische Prekarität auszuhalten, wenn sie dafür Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung erhalten und sich ein größeres Maß an Unabhängigkeit bewahren können. Es ist daher auch kein Zufall, dass sie häufiger in sozialen, künstlerischen und alternativen Bereichen tätig sind.

5 Fazit

Ausgehend von der Diskussion über die Rolle von subjektiven Erfahrungen mangelnder sozialer Integration und Anerkennung für die Herausbildung rechtspopulistischer Orientierungen (Eribon 2016; Hochschild 2016; Gidron und Hall 2020) zielte unsere Analyse darauf ab, besser zu verstehen, welche Statustrajektorien und welche Formen des Erlebens von Abwertungserfahrungen sich unter dem Motiv des Zurückgelassenwerdens zusammenfassen lassen. Dafür haben wir solche Interviews einer rekonstruktiven Analyse unterzogen, die dem bisherigen wissenschaftlichen Diskurs folgend plausibel diesem Motiv zugeordnet werden können, um sie kontrastierend auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu befragen.
Als Ergebnis dieser Analyse ist zum ersten deutlich geworden, dass es sich bei dem in verschiedenen Varianten auftauchenden Motiv des Zurückgelassenwerdens um ein Deutungsmuster handelt, das den Befragten dabei hilft, ihr biographisches Erleben sinnhaft zu ordnen. Wir haben dies anhand dreier Beispiele vertiefend gezeigt: Rainer legitimiert durch das Motiv seinen Selbstbehauptungswillen in einem kulturellen Statuskampf, der sozialstrukturell aber eher als bewahrende Verteidigung seiner eigenen Statusprivilegien und Normalitätsvorstellungen verstanden werden muss. Es geht ihm um die Restauration der alten Ordnung und die Wiedererlangung vergangener hegemonialer Werte und Hierarchien. Niko bezieht sich auf das Motiv des Zurückgelassenwerdens, um seine persönlichen Scheiterns- und ökonomischen Ausbeutungserfahrungen als kollektive Widerfahrnisse zu rahmen und erfährt im kollektiven Aufbegehren eine Form der Selbstermächtigung. Karen schließlich bearbeitet mit Hilfe dieses Deutungsmusters die Erfahrung des erzwungenen eigenen Statusabstieges nach der Wiedervereinigung. Das Deutungsmuster des Zurückgelassenwerdens erweist sich also für recht verschiedene kulturelle und ökonomische Abwertungserfahrungen als funktional. Dieser Gemeinsamkeit der Verwendung des Deutungsmusters zur sinnhaften Ordnung von Abwertungserfahrungen in der Statustrajektorie steht aber auch eine Reihe von Unterschieden gegenüber. So bestehen etwa unterschiedliche Auffassungen darüber, welche gesellschaftliche Gruppe für die eigene Abwertung verantwortlich zu machen sei. Rainer sieht eine Vorherrschaft „extremer Minderheitenmeinungen“ und nennt als Beispiele die Klimaschutzbewegung und die LGBTQI+-Bewegung. Niko nennt als Verantwortliche eher ex negativo alle Personen, die nicht „ganz normale Leute“ seien, und fokussiert sich auf urbane, politische Eliten, auf ökonomische Funktionsträger (wie Arbeitgeber*innen) oder generell auf Personen, die in der Statushierarchie über ihm stehen. Karen schließlich sieht ihre Ressourcen eher strukturell von Finanzinteressen abgewertet, was sich auch negativ in ihrer kulturpolitischen Arbeit vor Ort niederschlüge.
Aufschlussreicher als eine Clusterung der subjektiven Konstruktionen der Gruppen von Abwertenden durch die Befragten erschien uns jedoch eine Typisierung der jeweiligen Relation, in der sich die Befragten zur Gruppe der Abwertenden bzw. zur hegemonialen Kultur und zu gesellschaftlichen Wandlungsprozessen allgemein sehen. In Anlehnung an Reckwitz’ Unterscheidung von Lebensformen bzw. Subjektkulturen in ihrem affirmativen, konfliktären oder alternativ-distanzierten Verhältnis zur hegemonialen Subjektkultur einer Gesellschaft haben wir drei Arten von Relationen unterscheiden können, bei denen das unterschiedliche Ineinandergreifen von kulturellen und ökonomischen Abwertungserfahrungen jeweils in unterschiedliche politische Orientierungen einmündet:
  • Das post-hegemoniale Deutungsmuster des Zurückgelassenwerdens als eine durch andere Gruppen bzw. eine andere Subjektkultur bedrohte Normalität zeichnet sich dadurch aus, dass das Zurückgelassenwerden primär entweder als ökonomisches oder als kulturelles Phänomen erlebt wird, es im Vergleich zur vorherigen, eher privilegierten Statusposition eine neue biographische Erfahrung darstellt (die womöglich nur in die Zukunft projiziert wird) und der erlittene bzw. befürchtete Statusverlust als reversibel erscheint. Wir finden bei den Befragten dieses Typus eher konservative Einstellungen und den Versuch, an den etablierten Normen und gesellschaftlichen Statushierarchien festzuhalten. Ablehnende Haltungen gegenüber aktuellen Wandlungsprozessen werden z. B. bezüglich der Zentralität der Klimafrage oder der Anerkennung differenter normativer Vorstellungen und der rechtlichen wie sozialen Gleichstellung entsprechender Personengruppen (wie beispielsweise von LGBTQIA+ oder Geflüchteten) artikuliert.
  • Das anti-hegemoniale Deutungsmuster des Zurückgelassenwerdens als ein geeintes Aufbegehren nimmt konfrontative Formen an. Das Zurückgelassenwerden scheint sowohl als ökonomisches als auch als kulturelles Phänomen erlebt zu werden, das auf eine längere biographische Erfahrungsaufschichtung der Abwertung insbesondere im Erwerbsleben und des nicht einzulösenden gesellschaftlichen Anpassungsdrucks zurückgeht. Konformitätsbemühungen in der Vergangenheit, die auf soziale Anerkennung und soziale Kohäsion abzielten, sind, unter anderem aufgrund der Konkurrenzverhältnisse zu und den Verteilungskonflikten mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, gescheitert, sodass radikale Opposition, Protest gegen die Eliten oder völliger Rückzug als einzige Auswege erscheinen.
  • Im Fall des nicht-hegemonialen Deutungsmusters der biographischen Erfahrung des Zurückgelassenwerdens in Form eines Einrichtens im Abseits schließlich scheint das Zurückgelassenwerden ebenfalls entweder primär als ökonomisches oder als kulturelles Phänomen erlebt zu werden. Es führt in einer zumeist ebenfalls langfristigen Statustrajektorie zu einer Abwendung von den als geltend wahrgenommenen Statushierarchien und Kriterien der Anerkennung. Folglich dominieren hier kooperative Praktiken mit Gleichgesinnten, um das Zusammenleben möglichst selbstorganisiert, alternativ und informell zu gestalten und dabei möglichst frei von gesellschaftlich vorgeschriebenen Regeln und Hierarchien zu agieren, ohne diese Regeln und Hierarchien oder andere gesellschaftliche Gruppen aktiv zu bekämpfen bzw. gravierend mit ihnen in Konflikt zu geraten.
Obwohl wir bei der Ergebnisdarstellung jeweils einen Kernfall bzw. eine Person einem Typus zugeordnet haben, handelt es sich um eine dynamische Typologie zur Erfassung und Analyse unterschiedlichster Statustrajektorien: Personen können im Laufe ihrer Biographie je nach Statusverlauf die Deutungsmuster ihrer aktuellen eigenen Statusposition anpassen. Bei einer länger währenden und sich verschärfenden Erfahrung des Zurückgelassenwerdens etwa mag die post-hegemoniale Selbstverortung im Laufe der Zeit anti-hegemoniale Züge annehmen. Eine nicht-hegemoniale Deutung der eigenen prekären Statusposition kann sich bei Verbesserung der sozialen Lage zu einer sub-hegemonialen oder gar hegemonialen Sichtweise wandeln. Eine detaillierte aktuelle Kartierung solcher biographischen Statusverläufe steht empirisch ebenso noch aus wie die eingehendere Analyse von Deutungsmustern jener Inhaber*innen von Statuspositionen, die sich selbst als hegemonial verstehen, also als Vorreiter*innen und kulturelle Trendsetter*innen.
Die drei rekonstruierten subjektiven Erlebnisformen und Deutungsmuster des Zurückgelassenwerdens können dabei helfen, die – womöglich allzu schematische – Unterscheidung von Modernisierungsgewinnern und -verlierern, die gegenwärtig die Debatte über desintegrative und populistische Entwicklungsdynamiken prägt, soziologisch zu differenzieren. Unsere Interviews haben gezeigt, dass hinter der Herausbildung gesellschaftspolitischer Orientierungen im Allgemeinen und von populistischen Orientierungen im Besonderen längere und komplexe biographische Erfahrungsaufschichtungen sowie Deutungen der eigenen Statusposition und ihrer zeitlichen Entwicklung stehen. Diese Selbstverortungen nehmen die von uns Befragten implizit und häufig auch explizit mit Blick auf die gesellschaftliche Statusordnung, die geltenden, aber stets umstrittenen Statuskriterien und die anderen Statusgruppen vor, von denen sie Anerkennung, Gleichgültigkeit oder Abwertung erfahren haben und erfahren und die sie selbst positiven oder negativen Wertungen hinsichtlich ihrer Geltungsansprüche unterziehen. Die Selbstverortungen weisen also eine gesellschaftliche Dimension auf, insofern sie sich auf die hegemoniale Kultur und auf andere Statusgruppen beziehen, und gehen unweigerlich mit symbolischen Abgrenzungen von anderen Statuspositionen und Weisen der Lebensführung einher (Lamont 1992; Lamont und Molnár 2002; Sachweh 2013). Will man das desintegrative Potenzial der geschilderten Trajektorien ökonomischer und kultureller Abwertung, der mit ihnen korrespondierenden Formen von Statuserleben als Zurückgelassenwerden und die daraus erwachsenden gesellschaftspolitischen Orientierungen eruieren, sollte man auch diese symbolischen Abgrenzungen sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen Statuskämpfe genauer in den Blick nehmen. In ihnen lassen sich verschiedene, sich überkreuzende Konfliktlinien ausmachen, die sich auf unterschiedliche ökonomische, kulturelle und soziale Statusdimensionen beziehen (können) und dementsprechend keiner eindeutigen Spaltung entlang einer einzigen Frontlinie folgen. Wie unsere Interviews zeigen, hängen die jeweiligen Formen der Statusabgrenzung mit der eigenen Statustrajektorie und dem damit verbundenen subjektiven Statuserleben zusammen. Eine umfassendere Kartierung dieser Statusverläufe und Statuskämpfe aus subjektiver biographischer Perspektive bildet also eine lohnende und weiter zu verfolgende Forschungsagenda.

Danksagung

Wir danken den Herausgeber*innen des BJS und den anonymen Gutachter*innen für ihre Hinweise und Anregungen sowie Henri Band für sein außerordentlich hilfreiches Lektorat. Außerdem danken wir unseren Kolleginnen und Kollegen im Team des „Qualitativen Panels: Milieuspezifische Praktiken der Gefährdung und Wahrung gesellschaftlichen Zusammenhalts“ des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Uwe Schimank für seine hilfreichen Kommentare.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Berliner Journal für Soziologie

Das Berliner Journal für Soziologie veröffentlicht Beiträge zu allgemeinen Themen und Forschungsbereichen der Soziologie sowie Schwerpunkthefte zu Klassikern der Soziologie und zu aktuellen Problemfeldern des soziologischen Diskurses.

Fußnoten
1
Die qualitative Panelstudie „Milieuspezifische Praktiken der Gefährdung und Wahrung gesellschaftlichen Zusammenhalts“ wird an der Universität Bremen und dem SOFI Göttingen im Rahmen des „Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ durchgeführt. In der ersten Förderphase fanden zwei Befragungswellen statt. In einem sozialstrukturell transversalen Forschungsansatz werden Praktiken des Zusammenhalts, aber auch dessen Gefährdung im zeitlichen Verlauf anhand von Haushalten aus unterschiedlichen Milieus untersucht. Die zweite Befragungswelle fand im Jahr 2023 statt, in der alle Personen inklusive ihrer Haushalte in Gemeinschaftsinterviews mit einem problemzentrierten Ansatz erneut befragt wurden.
 
2
Unsere Verwendung des Begriffs des Deutungsmusters folgt dem Verständnis von Arnold (1983, S. 894), der damit „die mehr oder weniger zeitstabilen und in gewisser Weise stereotypen Sichtweisen und Interpretationen von Mitgliedern einer sozialen Gruppe bezeichnet, die diese zu ihren alltäglichen Handlungs- und Interaktionsbereichen lebensgeschichtlich entwickelt haben. Im einzelnen bilden diese Deutungsmuster ein Orientierungs- und Rechtfertigungspotential von Alltagswissensbeständen in der Form grundlegender, eher latenter Situations‑, Beziehungs- und Selbstdefinitionen, in denen das Individuum seine Identität präsentiert und seine Handlungsfähigkeit aufrechterhält.“ Zum Deutungsmusterkonzept in der Ungleichheitssoziologie siehe Sachweh 2010.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Die Zurückgelassenen. Subjektive Deutungsmuster von Statustrajektorien der Abwertung
verfasst von
Stefan Holubek-Schaum
Natalie Grimm
Patrick Sachweh
Publikationsdatum
15.05.2024
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Berliner Journal für Soziologie / Ausgabe 2/2024
Print ISSN: 0863-1808
Elektronische ISSN: 1862-2593
DOI
https://doi.org/10.1007/s11609-024-00524-5

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